Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Ein rätselhafter Riesengrabhügel
Der Hütelberg von Deutsch Altenburg (NÖ)
 
  Ausgrabungen auf den Kirchenberg von Altenburg sowie eine neue Monographie des Bundesdenkmalamtes machen auf den neben der Marienkirche liegenden 16 m hohen Riesenhügel aufmerksam. Ein imposantes Bodendenkmal, welches seit langem die Phantasie anregt und noch ungelöste Rätsel birgt.  
Der Hütelberg auf dem Kirchberg
 


Das im Volksmund "Hütelberg", "Türken-" oder "Kuruzzenhügel" genannte Erdwerk neben der Marienkirche von Bad Deutsch Altenburg wurde bereits im 18. und frühen 19. Jhdt. mehrfach auf der Suche nach Schätzen, einem goldenen Wagen, dem Grab des legendären Königs Appad oder des Hunnenkönigs Attila geöffnet.
Kirchengrabungen des Bundesdenkmalamtes
Eine jüngst erschienene Monographie bringt eine vollständige Zusammenfassung aller bisher getätigten archäologischen Untersuchungen auf dem Kirchenberg, darunter die Ergebnisse der Kirchengrabungen von Franz Sauer.

Die älteste Phase, welche die 1051 erwähnte Probsteikirche erfaßt, zeigt eine dreischiffige Pfeilerbasilika sowie die Mauern eines Kreuzganges. Ihr Aussehen war bisher völlig unbekannt.

In der zweiten Phase wurde das spätromanische Schiff, in der dritten Phase der frühgotische Turm und in der vierten Phase der hochgotische Chor errichtet, der heute noch diese Kirche weithin bekannt macht.
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Eine neue Publikation - eine biographische Rarität?
DER KIRCHENBERG, Archäologie und Geschichte im Bereich der Marienkirche von Bad Deutsch-Altenburg, herausgegeben von Christa Farka, Leiterin der Abteilung für Bodendenkmale, Bundesdenkmalamt, 198 Seiten,
umfaßt eine Zusammenstellung aller Schriften zum Hütelberg, einen Beitrag von Manfred Kandler zu den archäologischen Denkmälern auf dem Kirchenberg, den Grabungsbericht von Franz Sauer sowie einen Essay von Herbert Lachmayer über den Nutzen der Geschichte im Allgemeinen und der Bodendenkmalpflege im Besonderen.
->   Bundesdenkmalamt
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Siedlungszentren im Carnuntiner Raum quer durch die Zeiten
 


Der Carnuntiner Raum ist gekennzeichnet durch einen fast sprunghaften Wechsel der Zentralorte - und in der Mitte liegt der Riesenerdhügel.

In der Spätbronzezeit, etwa 1000 v. Chr., lag das Zentrum, eine 15 ha große Wallanlage mit Holz-Erde-Einbauten am Nordrand des Kirchenbergs im Bereich des heutigen Steinbruchs "Am Stein".

Am Beginn der Eisenzeit (8. Jhdt. v.) wurde der Braunsberg bei Hainburg der neue Zentralort. Es wird vermutet, daß der Begründer dieser unbefestigten Höhensiedlung vielleicht in dem Riesenerdhügel bestattet worden ist. Im 2. Jhdt. v. Chr. wurde dann das Plateau des Braunsberg von den Kelten befestigt.

Die Römer errichteten dann Carnuntum in der Ebene, zuerst ein Lager, später die Provinzhauptstadt. Einige römische Funde im Türkenhügel beweisen, daß auch die Römer Änderungen vornahmen; aber welche? Wir wissen es nicht. Überlegungen, daß ähnlich den großen pannonischen Grabhügeln, Vornehme im Hütelberg bzw. Türkenhügel bestattet worden sind, müssen erst archäologisch bestätigt werden.

Im Frühmittelalter wurde dann die spätbronzezeitliche Wallburg "Am Stein" neuerlich aufgesucht (diese alte Burg gab den Ort den Namen Altenburg) bevor dann im Hochmittelalter Hainburg die führende Rolle im Siedlungsbild übernahm. Der Hütelberg wird dann noch während der Türkeneinfälle erwähnt, als Fahnenhügel der Türken oder als Grenzzeichen.
Ein heidnischen Denkmal
 


Der mächte, rund 80 m im Durchmesser große Erdhügel hat das Siedlungsbild durch mehr als zwei Jahrtausende geprägt. Es ist kein Zufall, daß die erste Kirche in dieser Region direkt neben diesem heidnischen Denkmal errichtet worden ist. Ein schönes Beispiel, wie prähistorische Erdwerke noch die mittelalterlichen Siedlungsstrukturen beeinflußten.

Es bleibt zu hoffen, daß der heute dicht verwachsene Hügel bald wieder sein ursprüngliches Aussehen erhält, damit seine dominierende Lage am Eingang zur Porta Hungarica deutlich wird.

Oben: Umschlagfoto mit der Preßburger Bundesstraße im Vordergrund und der damals noch unbeschädigten Südflanke des Hügels.
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Deckenmalerei im Naturhistorischen Museum
Im Saal 13 des Naturhistorischen Museums (Prähistorische Abteilung) findet sich ein großes Ölgemälde von Robert Russ aus dem Jahre 1889, welche eindrucksvoll den monumentalen Charakter des Erdhügels darstellt.
->   Naturhistorisches Museum Wien
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