Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Archäologische Untersuchungen bei Ansfelden (OÖ)
Das Institut für Ur- und Frühgeschichte forscht - I
 
  Nahe der bekannten Raststation von Ansfelden (OÖ) wurde ein Geländesporn entdeckt, der seit rund 6.000 Jahren immer wieder als Siedlungsstätte aufgesucht worden war. Die Ausgrabungen erbrachten wichtige Hinweise zur Befestigungs-, Siedlungs- und Wirtschaftsweise der Kupferzeit in Oberösterreich.  
Jungsteinzeit/Kupferzeit

Bild: Neolithische Steinwerkzeuge
Nahe der bekannten Raststation von Ansfelden (OÖ) wurde ein Geländesporn entdeckt, der seit der Jungsteinzeit immer wieder als Siedlungsstätte aufgesucht worden war. Der unscheinbar über dem Tal der Krems liegende Fundplatz ist an drei Seiten durch Steilabfälle natürlich geschützt.

Auf der Südostseite, wo ein Zugang leicht möglich ist, wurde der Sporn bereits in den Jahrhunderten um 4000 v. Chr. erstmals durch einen Spitzgraben geschützt. Die Siedlung kann nach den Kleinfunden (Gefäßen etc.) der bis Bayern und Böhmen verbreiteten Münchshöfener Gruppe zugeordnet werden.
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Jungsteinzeitliche Münchshöfener Gruppe
Fundstellen der rund 6.000 Jahre alten Münchshöfener Gruppe, die am Übergang von Mittel- zu Spätneolithikum (Kupferzeit) steht, sind noch selten in Westösterreich entdeckt worden: Höhensiedlungen wurden auf dem Rainberg in Salzburg, Schlossberg in Mattsee und Dürrnberg bei Hallein gefunden. Die seit langem bekannte Siedlung von Salzburg-Maxglan lag dagegen auf einer Flussterrasse.

Die erste Fundstelle der Münchshöfener Gruppe in Tirol wurde auf dem Mariahilfbergl bei Brixlegg entdeckt und soll auch Hinweise auf eine frühe metallurgische Tätigkeit erbracht haben. Außerdem wurde in dieser kupferzeitlichen Höhensiedlung Nordtirols Emmer, Saatweizen, Spelzgerste, Erbse und Erdbeere nachgewiesen.
->   Brixlegg - Forschungen des IUF der Univ. Innsbruck
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Funde der Mondsee und Chamer Kultur
Im Laufe des Spätneolithikums (Kupferzeit) wurde die Anhöhe bei Ansfelden neuerlich durch einen quer über das Plateau verlaufenden Graben geschützt. In der Verfüllung des noch 1,2 m tief und 2,7 m breit erhaltenen Sohlgrabens wurden Funde der Mondsee Kultur und Chamer Kultur entdeckt.
Eine "neue" archäologische Kultur in Oberösterreich

Graphische Darstellung einer Ösenkranzflasche
Erstmals konnten auch bei der diesjährigen Kampagne Funde der Michelsberger Kultur in Oberösterreich nachgewiesen werden, darunter Fragmente einer sogenannten Ösenleistenflasche (siehe Bild weiter unten) - eine Kultur, die bisher nur aus dem süddeutschen bzw. Schweizer Raum bekannt war.

Ebenfalls in diese Zeit datiert eine kleine, runde Grube, deren Wände durch ein Feuer von innen her verziegelt waren. Sie wurden im Lehm sorgfältig freipräpariert und ließen sogar noch die Spuren eines einer Hacke oder eines Grabscheites erkennen. Vielleicht diente die Grube zum Darren von Getreide, denkbar wäre aber auch die Funktion einer Kupferschmelzgrube, auch wenn sich keine metallurgischen Reste fanden.
->   Verbreitung der Michelsberger Kultur

 


Konische Schale und Fragment einer Ösenleistenflasche, eine kennzeichnende Gefäßform der jungneolithischen Michelsberger Kultur aus Ansfelden-Kremsdorf (alle Fundfotos: O. Christos, IUF).
->   Keramik der Michelsberger Kultur
Tongefäße aus der Bronzezeit
Drei Grubenobjekte können der frühen Bronzezeit (um 1500 v. Chr.) zugeordnet werden. In einer der Gruben fanden sich zahlreiche Tongefäße, darunter auch ein enghalsiges Gärgefäß mit zwei Bohrungen an der Schulter, welches zum Brennen von Schnaps gedient haben könnte.

Eine Auswahl dieses Fundkomplexes ist zur Zeit im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung "feste feiern" zu sehen.
->   OÖ Landesausstellung

 


Frühbronzezeitliches Gärflasche mit Tonwarzen im Inneren und zwei Bohrlöchern an der Schulter aus Ansfelden-Kremsdorf (OÖ).
Eisenzeit

Aus der jüngeren Hallstattkultur (6. Jhdt. v. Chr.) haben sich Gebäudegrundrisse erhalten, die teilweise untersucht werden konnten.

Die Spuren eines Pfostenbaues und eines Schwellbalkenbaues (siehe Bild), ein rechteckiges Grubenhaus und vier Vorratsgruben belegen eine relativ dichte Besiedlung.
->   Literatur zur Eisenzeit im Linzer Becken siehe Linzer Arch. Forsch. und Sonderhefte
Funde aus dem Frühmittelalter

Wellenbandverzierter Topf mit ungarischer Pfeilspitze
Vier tiefe Silogruben datieren in das frühe Mittelalter (Bild). Durch ein quadratisches, nur 2,1 x 2,2 m großes Grubenhaus (siehe Bild weiter unten) ist auch ein Gebäude aus dieser Zeit belegt. Von der Bauform her entspricht es den typischen Grubenhütten der frühmittelalterlichen Slawen; es handelt sich um einen der westlichsten Nachweise im Donaugebiet.

Berichterstatter vermutet, dass der heute noch im Gelände fast 5 m hoch erhaltene Erdwall mit vorgelagertem Graben dieser letzten Siedlungsphase zugerechnet werden kann. Eine archäologische Untersuchung dieser Abschnittsbefestigung fehlt allerdings noch.

 


Slawisches Grubenhaus mit einer steinernen Feuerstelle in einer Ecke (alle Grabungsfotos: P. Trebsche, RGK).
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Neuerscheinung zur Frühgeschichte in OÖ.
Vlasta Tovornik,
Das bajuwarische Gräberfeld von Schwanenstadt, Oberösterreich,
Monographien zur Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie 9 (Hg. F. Daim)
Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2002.
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Gezielte Erforschung der Besiedlungsstrukturen

Studenten bei der Arbeit
Es zeigt sich an dieser Stelle, dass die vor den Ausgrabungen durchgeführten geophysikalischen Prospektionen der ArcheoProspections (ZAMG) eine gezielte Erforschung der Besiedlungsstrukturen ermöglichen.

Die Ausgrabungen, welche dankenswerterweise von der Stadtgemeinde Ansfelden finanziert werden, finden im Rahmen des Forschungsprojektes "Höhensiedlungen im Linzer Raum" statt, welche von Erwin M. Ruprechtsberger (Nordico Museum der Stadt Linz) und Berichterstatter geleitet werden.

Die örtliche Grabungsleitung trägt Mag. Peter Trebsche (Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Frankfurt).
->   Urgeschichtliche Entdeckungen in Ansfelden im science.orf.at
Wo?

Studenten bei der Arbeit
Der Zugang zu der prähistorischen Höhensiedlung auf der so genannten "Burgwiese" erfolgt über den Mostheurigen Petersberger, in dessen Besitz sich auch die Fundstätte befindet. Die Zufahrt erfolgt über Kremsdorf, einer Kat. Gemeinde von Ansfelden.

Durch die großzügige Spende eines Großbauern in Ansfelden konnten weiters wichtige naturwissenschaftliche Analysen, wie die Bestimmung der jungsteinzeitlichen Tierknochen sowie die Schwermineralanalysen ausgewählter Keramikproben zur Bestimmung der Tonlagerstätten durchgeführt werden.

Zur Gewinnung von verkohlten Pflanzenresten und Fischknochen wurden zahlreiche Schlämmproben entnommen, die von einer Archäobotanikerin in Regensburg und einem Archäozoologen in Wien derzeit analysiert werden.

Die von 1999-2002 durchgeführten Ausgrabungen werden vom Grabungsleiter, Peter Trebsche, als Dissertation an der Universität Wien wissenschaftlich bearbeitet und ausgewertet.

Vorberichte erschienen von P. Trebsche in der Archäologie Österreich 10/2, 1999, 28 f.; 11/2, 2000, 35 37; 13/1, 2002, 38 40; 13/2, 2002, im Druck.
->   Ansfelden
->   Nordico - Museum der Stadt Linz
->   Römisch-Germanische Kommission des DAI
Institut der Ur- und Frühgeschichte forscht
Anlässlich des Beginns des Wintersemesters und des Inkrafttretens des neuen Universitätsgesetzes 2002 sollen im Laufe des Oktober einige Forschungsprojekte des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien vorgestellt werden, bei denen die Studierenden aktiv mitwirken und Kooperationen mit wissenschaftlichen Institutionen im In- und Ausland stattfinden.
->   Profil des Instituts für Ur- und Frühgeschichte
->   Sämtliche Artikel von Otto Urban in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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