Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Museum im Turm
Aktuelles und Altes im Stadtmuseum Leonding
 
  Anläßlich einer Vortragsreihe, die am 25. Jänner 03 beginnt, soll ein interessantes Stadtmuseum mit sehenswerter archäologischer Ausstellung näher vorgestellt werden.  
Turm 9 der Maximilianischen Befestigung von Linz

Bild der Biedermeierzeit mit Bau eines Turmes
Rund um Linz findet sich ein Ring von Befestigungstürmen, der zwischen 1831 und 1835 von Erzherzog Maximilian errichtet worden ist. 32 Befestigungstürme, eine Donausperre und ein Fort auf dem Pöstlingberg sollten der Landeshauptstadt Schutz bieten.

Im Turm 9 dieser biedermeierzeitlichen Befestigung ist das Stadtmuseum von Leonding untergebracht. Der historisch, wie architektonisch bedeutende Festungsbau bietet ein reizvolles Ambiente für die Ausstellung.
->   Turm 9
Jungsteinzeit in Leonding

Alle arch. Fotos: Pertlwieser
Beim Bau des neuen Gendarmeriegebäudes wurden Spuren und Überreste von zumindest drei neolithischen Siedlungen festgestellt.

Zuerst rodeten Siedler der Bandkeramischen Kultur zu Beginn des 5. Jahrtausends v. Chr. die Wälder und errichteten ihre großen Bauernhöfe.

Später, um 4500 v.Chr., drangen Angehörige der nach Westen vordringenden Lengyelkultur (Bemaltkeramik) bis in den Linzer Raum vor.

Um 3000 v. Chr. datiert dann die Siedlung der "Münchshöfener Kultur" - eine Kulturgruppe, deren Verbreitungsschwerpunkt im bayerischen Raum lag.

Siedlungsgruben mit reichhaltigen Funden, Brot-Backöfen, ein Töpferwerkplatz und eine Werkstatt zur Herstellung von Steingeräten gewähren Einblick ins tägliche Leben der jungsteinzeitlichen Bauern und werden in der Ausstellung gezeigt.

Eine der bislang ältesten Bestattungen Oberösterreichs stammt aus der zweiten Siedlungsphase - der Bemaltkeramik. Das Grab einer etwa 19-jährigen Frau (Bild rechts).
->   Karin Grömer: Jungsteinzeit im Großraum Linz - Siedlungs- und Grabfunde aus Leonding, Linzer Archäologische Forschungen, Bd. 33, 2001.

 


Auswahl an Tongefäßen der Bemaltkeramischen Kultur. Neben den feinen Bechern und Schalen, Schüsseln und Näpfen sind die Tonlöffel interessant, in deren Tüllen ein Holzgriff eingesetzt war.
Bronzezeit

Schmuck und Geräte aus Bronze
Eine Auswahl von Bronzen vom Kürnberg und Dörnbach zeigen das frühe Metallhandwerk, welches die Bronzezeit (2200 - 750 v. Chr.) charakterisiert (Bild rechts).
Eisenzeit

Freilegungsarbeiten
1997 fand man bei Enzenwinkl einen seltsamen Fundkomplex der jüngeren Eisenzeit (Kelten): In einem 3 m tiefen Schacht lagen die Skelette von zumindest 15 Menschen, 2 Hunden und 4 Feldhasen.

Verkohlte Holzreste sowie Brandspuren an der Oberfläche einiger Knochen lassen den Ausgrabungsleiter, Landesarchäologe Manfred Pertlwieser (OÖLMus.) vermuten, daß die Menschen mit den Tieren in einem lodernden Feuerbrand zu Tode kamen und danach in den Schacht gestürzt worden sind.

Wenige Keramikbruchstücke in der Schachtverfüllung datieren diese Vorgänge in die späte Eisenzeit (450 - 15 v.Chr.), die Zeit der Kelten.

 



Grabungsdetail mit Brandspuren
Der Fundkomplex erinnert an antike Textstellen, die über Riten der Kelten berichten, bei denen Menschen verbrannt und geopfert werden.

Am bekanntesten davon ist wohl die Textpassage von Julius Cäsar, in der er den Kult der Kelten näher beschreibt:

" ... und deshalb bringen Leute, die von schwerer Krankheit befallen sind oder sich in Gefahr befinden, Menschen als Opfer dar ... Andere haben Standbilder von ungeheurer Größe, deren aus Ruten geflochtene Glieder sie mit lebenden Menschen anfüllen; dann zündet man von unten an, die Menschen werden von der Flamme eingeschlossen und kommen darin um."
Römerzeit und Frühmittelalter

Blick in die Ausstellung
Neben einem altbekannten römischen Grabstein, der bis 1835 an der Außenseite der Leondinger Pfarrkirche eingemauert war, sind entlang der alten "Hochstraße", ebenfalls beim Bau des neuen Gendameriegebäudes, Reste eines römischen Friedhofes mit zwei Körper- und sieben Brandbestattungen dokumentiert worden.

Im 7. Jahrhundert n.Chr. waren die römischen Grabdenkmäler noch sichtbar und so wurde das Areal auch von den Bajuwaren als Bestattungsplatz benützt. Sie legten ein Reihengräberfeld an, bei dem die einzelnen Grabschächte immer West-Ost-orientiert waren und in denen die Verstorbenen immer so niedergelegt worden sind, dass der Schädel auf der Westseite lag.
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Geschichte(n) rund um den Turm 9
Vortragsreihe, jeweils am letzten Samstag im Monat, um 16.00

25.1.2003: Konsulent Mag. R. Reisinger, "K. u. k. Anekdoten"
22.2.2003: Prof. W. Kellermayr, "Lebensraum Stadt"
29.3.2003: Konsulent J. A. Kauer, "Geschichte von Alt-Rufling"
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Turm 9 der Maximilianischen Befestigungsanlage.
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Stadtmuseum Leonding im Turm 9
4060 Leonding, Daffingerstraße 55

Öffnungszeiten:
Mo, Do und Fr 10.00-17.00
Sa und So 13.00-18.00
->   Stadt Leonding
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Berichterstatter dankt Thomas Pertlwieser für die Zurverfügungstellung der Ausstellungstexte und der Fotos.
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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