Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Keltische Funde aus Linz in Bibracte
Gründberg
 
  Die keltischen Schmiedewerkzeuge vom Linzer Gründberg werden in einer Sonderausstellung im Mekka der keltischen Kultur, in BIBRACTE, dem Hauptort des keltischen Stammes der Haeduer, der Öffentlichkeit präsentiert.  
Grobschmiede und Schrotthändler

Die Sonderausstellung FORGERONS et FERRAILLEURS fer et savoir-faire à l'époque celtique wird heute (27.5.) im Musée de la civilisation celtique eröffnet und ist bis 11. November 2003 zu sehen.

Das Museum von Bibracte erstreckt sich am Fuße des Mont Beuvray in Saint-Léger-sous-Beuvray, unweit von Autun, dem antiken Augustodunum, wohin um Christi Geburt die aus Bibracte stammenden Haeduer umsiedelten.

Bibracte war nach Cäsar die größte und schönste keltische Stadt, der Hauptort des keltischen Stammes der Haeduer.

Im Rahmen der Sonderausstellung wird das Können der keltischen Schmiede anhand ausgewählter Eisendepots aus keltischen Zentralorten Mitteleuropas gezeigt, darunter auch die Funde vom Gründberg in Linz.
->   Bibracte (franz.)
Gründberg, Oberösterreich

Alter Plan mit Wällen
Am Nordrand von Linz erstreckt sich auf einem Höhenrücken der Gründberg. Er ist an drei Stellen durch Steilabfälle natürlich geschützt. Auf der ungeschützten Nordseite wurde er durch zwei keltische Abschnittswälle (Nord- und Südwall) gesichert.

Im Nordwall befindet sich ein im Gelände gut sichtbares, rund 6 m breites und 12 m tiefes Zangentor. Erstmals wurde die Anlage 1911 durch Ludwig Benesch topographisch genau beschrieben; er fertigte auch einen Übersichtsplan an.
->   Projekt: Keltische Höhensiedlungen an der mittleren Donau
Die Befestigung

Grabungsfotos: E. Ruprechtsberger
Im Südwall wurden bei den Grabungen des Nordico-Museum der Stadt Linz (Erwin M. Ruprechtsberger) und des Instituts der Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien (Otto H. Urban) eine ursprünglich 3 m hohe Blendmauer mit Spuren von Holzeinbauten festgestellt. Im Inneren der Stein-Holz-Konstruktion wurde eine Erdrampe angeschüttet. Sie ist heute noch als Wall deutlich im Gelände sichtbar.
Kleinfunde in der Erdrampe datieren dieses Befestigungswerk in das 1. Jhdt. v. Chr., in die so genannte Spätlatènezeit.
Die Eisendepots im Befestigungswerk

Depot 1 und 2
1997 entdeckten die beiden Ausgräber an der Nordseite des Walles im Abstand von jeweils 1,5 m zueinander drei Eisendepots in situ, das heißt exakt an der Stelle, an die sie vor mehr als 2000 Jahren niedergelegt worden waren. Ein viertes Depot war mit der Blendmauer verstürzt und lag am Fusse des ehemaligen Befestigungswerkes.

Die Funde wurden bereits in Linz der interessierten Öffentlichkeit im Rahmen der Sonderausstellung Berge, Beile, Keltenschatz im Nordico präsentiert.
Die Eisendepots - der Keltenschatz

Unrestaurierte Schmiedewerkzeuge
In den Depots fanden sich über 40 Einzelstücke, viele davon weisen Gebrauchsspuren auf. Die Werkzeuge zeigen ein breites Spektrum, bei den Hämmern finden sich unterschiedlichste Formen: schwere und leichte Treib- bzw. Schmiedehämmer sowie Hämmer mit hoch- bzw. quergestellter Schlagfläche (Finne). Zum Großteil handelt es sich um Schmiedewerkzeuge. Neben der Zange, dem Amboss und den Hämmern zählen auch die Eisenbarren bzw. Luppenbruchstücke dazu. An Holzbearbeitungsgeräten sind Querbeile sowie Lochäxte nachgewiesen.

Zu den Wagenbestandteilen zählen zwei Radreifen und mehrere profilierten Nabenringe bzw. eine Achsbüchse (Bild rechts unten). An Waffen treten zwei Schwerter und ein Dreispieß auf. Die weiteren Gerätschaften dienen dem leiblichen Wohl: Kesselhaken, Bratspieß und Fleischgabel. Auch die Aschenschaufel wird beim Herd verwendet worden sein.
Depot 1
 
Foto: O. Chrstos, IUF


Im Depot 1 fanden sich insgesamt 16 Gegenstände mit einem Gesamtgewicht von ursprünglich fast 20 kg Eisen, darunter ein großer Hakenschlüssel, fünf aufwendig profilierte Nabenringe, fünf Hämmer, ein Hakenamboss und ein weiteres Barrenfragment.
Depot 2
 
Foto: O. Chrstos, IUF


Im Depot 2 lagen zwölf Gegenstände. Zwischen den verbogenen Resten eines bandförmigen Radreifens befanden sich unter anderem ein Schwert mit Scheide, eine antik verbogene Schwertklinge, ein Herdsatz bestehend aus einem Bratspieß, einer Aschenschaufel und einer Fleischgabel, sowie ein weiterer Hammer und ein Beil. Das Gesamtgewicht betrug fast 10 kg Eisen.
Depot 3
 
Foto: O. Chrstos, IUF


Depot 3 besteht aus 13 Gegenständen und ist mit 21,2 kg Eisen am schwersten. Auch hier fanden sich zwischen einem zusammengebogenen und alt gebrochenen Radreifen diverse Utensilien, darunter zwei Kesselhaken, ein Radnabenpaar, ein Beil, ein Schmiedehammer sowie eine Schmiedezange. Ein großer Dreizack sowie ein Spieß könnten zum Fangen von großen Donaufischen bzw. zur Jagd gedient haben.
Keltische Schmiedetechnik

Depot 4 - Barrenfragmente
Die Depots bieten einen guten Einblick in die Technik einer keltischen Schmiede, einerseits durch die Luppe, Barren und Schmiedewerkzeuge und andererseits durch die damit gefertigten Produkte. Metallurgische Analysen zeigen, dass das verwendete Eisen von den Schmieden gekonnt aus verschiedenen Qualitäten zusammengefügt worden war und die Produkte - für die damalige Zeit, der zweiten Hälfte des 2. bzw. der ersten Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr. - einen hohen technischen Standard aufweisen.
->   FWF-Projekt Keltische Eisen- und Schmiedetechnologie der Oppidazeit
->   Bibliographie zur Eisenverhüttung in der Eisenzeit (pdf-Datei)
Fragen und Hypothesen

Grabungssituation
Über die Gründe, die zur Deponierung führten, gibt es naturgemäß nur Hypothesen. Die Lage der Depots direkt hinter der Blendmauer eines Befestigungswerkes lässt im ersten Moment an ein Bauopfer denken. Es fällt aber auch die Nähe der Depots zu einer Quelle auf.

Die reichen Eisenfunde vom Gründberg sowie der Nachweis eines Fragmentes eines italischen Bronzeeimers auf dem Freinberg belegen die wirtschaftliche Bedeutung der keltischen Höhensiedlungen als Handelsplatz wie als Produktionsstätte während des 1. Jhdts. v. Chr.
Der Gründberg - ein Zentrum zur Keltenzeit?

Kesselhaken aus dem Depot 3
Eine kürzlich im Depot des Oberösterreichischen Landesmuseums entdeckte Tüpfelplatte belegt außerdem eine Münzprägestätte auf dem Gründberg.

Die im Großraum Linz nachgewiesenen keltischen Münzen zeigen einerseits direkte Beziehungen zum nördlich gelegenen boischen Gebiet im 2. Jahrhundert, andererseits Kontakte zum süddeutschen Raum im 1. Jahrhundert. Intensive Belege nach Osten sowie nach Süden, in das Gebiet des Regnum Noricum, fehlen dagegen.
Gründberg Funde im Linzer Stadtmuseum
Die Funde vom Gründberg befinden sich im Linzer Stadtmuseum und sollen gemeinsam mit den Ausgrabungsergebnissen der weiteren Höhensiedlungen im Linzer Raum im Rahmen einer Sonderausstellung im Winter 2003/04 der interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden.
->   Nordico
Viel(ge)schichtig
Die Ergebnisse der Ausgrabungen auf der Burgwiese von Kremsdorf werden bereits jetzt im Rahmen einer Sonderausstellung in Ansfelden gezeigt.

VIEL(GE)SCHICHTIG. Geschichte einer 6000 Jahre alten Siedlung in Ansfelden - Vom 29. Mai bis 31. August 2003 in Ansfelden, Anton Bruckner Centrum (ABC).

Die Eröffnung findet am 28. Mai um 20.00 statt - Berichterstatter lässt sich wegen der Teilnahme an der Eröffnung in Bibracte höflichst entschuldigen und sendet seine besten Grüße auf diesem Wege.
->   Ansfelden - ABC
Eröffnung der Sonderausstellung im Museum Bibracte
 



Der Titel der Sonderausstellung soll darauf hinweisen, dass in der ausgehenden Eisenzeit Altmetall bereits gesammelt und wiederverwendet worden ist. Dies wurde jedoch nicht durch einen eigenen Berufsstand - Schrotthändler, sondern von den Schmieden selber gesammelt.

Der Kesselhaken vom Gründberg ist nunmehr, nach mehr als 2000 Jahren, in Funktion. Er hält einen Originalkessel von der namengebenden Fundstelle La Téne.
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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