Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Hallstatt: immer größer, immer älter
Präsentation der neuesten Grabungsergebnisse im NHM
 
  Ein Vortrag zeigt die aktuellen Ergebnisse der archäologischen Forschungen des NHM Wien im prähistorischen Salzbergwerk und in der Nekropole von Hallstatt, wobei die Saline immer älter und das Gräberfeld immer größer, als bisher angenommen, wird.  
Erste Ausgrabungen in Hallstatt - Johann Georg Ramsauer

Bergmeister J.G. Ramsauer,
1795-1874
Ramsauer war der Erste, der systematische wissenschaftliche Grabungen im Gräberfeld von Hallstatt durchführte. Im Zuge eines Bauprojektes wurden 1846 erstmals Gräber freigelegt, die Ramsauer barg. Von 1847 bis 1863 führte dann der Bergmeister im Auftrage des k.k. Münz- und Antikenkabinetts die Untersuchung der Nekropole durch. Insgesamt barg er dabei 980 Grabkomplexe.

Der Custos des Kabinetts, Eduard Freiherr von Sacken (1825-1883) veröffentlichte 1868 in einer Monographie die Hallstätter Funde ausführlich und schuf damit die Voraussetzung, dass die Fundstätte für eine gesamte Epoche - die ältere Eisenzeit - namengebend wurde. Dieser Begriff, die Hallstattkultur, wurde 1874 vom nordischen Archäologen Hans Hildebrand eingeführt und umfasst etwa die Zeit von 8. bis 5. Jahrhundert v. Chr.

Johann Georg Ramsauer wurde am 7. März 1795 geboren und bereits mit 36 Jahren Betriebsleiter im Hallstätter Bergwerk. Neben seinem beruflichen Werdegang und seinen großen Verdiensten um die Urgeschichte erscheint auch sein privates Leben bemerkenswert. Er war dreimal verheiratet und Vater von sage und schreibe 22 Kindern. Er verstarb 79-jährig in Linz.
Bilder der ersten Ausgrabungen
 


Johann Georg Ramauer fertigte nicht nur ausführliche Protokolle an, sondern ließ auch die freigelegten Gräber sorgfältig durch Isidor Franz Engl dokumentieren. Die unzähligen Aquarelle der Hallstätter Gräber zeigen minutiös die Fundsituation und geben oft auch Hinweis auf die Überschneidung verschiedener Bestattungen.
Neue Ausgrabungen auf dem Salzberg in Hallstatt

Bronzebecken mit Griff in Form eines Rindes mit Kalb.
Im Jahr 1992 wurde der Bau einer Druckrohrleitung im Bereich des denkmalgeschützen Hochtal geplant. Aus diesem Grund wurde die Trasse archäologisch durch Dr. Anton Kern (Naturhistorisches Museum Wien) untersucht und dabei aufschlußreiche Entdeckungen gemacht, die das Bild der Altgrabungen in ein völlig neues Licht erscheinen lassen.

Die modernen Untersuchungen der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien werden durch die Österreichischen Salinen AG und das Bundesdenkmalamt unterstützt.
Gewerbefunde
In den letzten Jahren fanden sich Überreste, die eine Nutzung des Salzes zur Herstellung von Speck wahrscheinlich machen. Die Überreste dieser Blockbauten wurden bisher von den Archäologen recht unterschiedlich interpretiert.

Experimental-archäologische Versuche bieten heute den Besuchern Möglichkeit Einblick in die Arbeitswelt der Menschen zur Hallstattzeit - ihre Techniken, Gerätschaften und Produkte - zu erhalten.
Grabfunde

Hallstätter Brandgrab
Bei den Rettungsgrabungen kamen bisher über 70 Gräber zum Vorschein. Die Dichte der einzelnen Bestattungen ist bei weitem höher, als bisher angenommen.

Durch die besseren Grabungsmethoden können nunmehr auch die reichen keramischen Gefäßbeigaben und die eigentlichen Skelettreste geborgen und erhalten werden. Neben den Körperbestattungen sind auch Brandgräber, mit oder ohne Urne, nachgewiesen.
Hallstatt und seine Kontakte
 


Einige reich ausgestattete Gräber der Neugrabungen weisen Beigaben und Waffen auf, die deutliche Kontakte zur sogenannten Vekerzug-Gruppe belegen. Diese Gruppe entstand im karpatenländischen Raum in der Peripherie der "Skythen" im Spannungsfeld nomadisierender und Ackerbau betreibender Kulturen.

Hallstatt hat in der älteren Eisenzeit die Funktion einer Drehscheibe in der Menschen aus dem Süden (krainischer Raum), Osten (Vekerzug) und Westen (Westhallstattkreis) sich trafen und ihre zum Teil aus weit entfernten Räumen stammenden Waren (Produkte und/oder Rohstoffe, wie Elfenbein und Bernstein, siehe Bild) tauschten.

Alle Fundbilder NHM Museum, Wien
Trinkservice
 


In den Gräbern finden sich immer wieder Elemente eines reichen Trinkservices mit Situlen (Weinkübel) als Trankbehälter, Schöpftasse und Sieb, da ja der Wein - in antiker Sitte - gewürzt aus Schalen genossen worden ist. Hier ein Trinkgeschirrsatz mit Funden aus verschiedenen Gräbern.
Speiseservice
 


Die reichen Tongefäßsätze der neuen Grabungen zeigen typische rote und graphitierte Bemalung. Die Malmuster wie die Gefäßformen belegen deutliche Beziehungen zum Westhallstattkreis.
Das Bergwerk

Tragbeutel aus dem Appold-Werk, 1878; Aquarell von I. Engl.
(Bild: Th. Stöllner)
Die neuen Grabungen im Salzbergwerk von Hallstatt unter Leitung von F. E. Barth, zeigen ein völlig neues Bild des prähistorischen Bergbaues. Inmitten der spätbronze- und hallstattzeitlichen Gruben fanden sich im Bereich der Nord-Gruppe Reste eines mittelbronzezeitlichen Bergbaues. Schräge Schächte folgten dabei dem Steinsalz in die Tiefe. Ein Radiokarbondatum eines Altfundes, der im Berg gefunden worden ist, weist sogar auf ein jungsteinzeitliches Alter.

Die für den spätbronzezeitlichen Bergknappen typischen Tragbeutel faßten bis zu 45 kg Hauklein und sind mehrfach, sowohl bei den Alt-, als auch bei den Neugrabungen, entdeckt worden und belegen, daß die Bergknappen mit geradezu serienmäßig gefertigten Gerätschaften und Ausstattungen ausgerüstet worden sind.
Bekleidungsstücke
 


Die reichen organischen Funde (Hauben, Schuhe, Gürtel etc.), die sich im Salz erhalten haben, geben einen guten Einblick in die Bekleidung der prähistorischen Bergleute. Einzelne, reich verzierte und bestickte Textilien, stammen dagegen nicht von der Kleidung der Knappen, sondern wurden als Fetzen bzw. Hadern mit in die Grube genommen. Sie gehörten wohl ursprünglich zu den reichen Gewänder der Eliten (Adelsschicht).
Gerätschaften und Ausrüstung
 


Überreste des Gezähes (Werkzeuges), das die Bergleute in der Spätbronze- und Eisenzeit benutzten, findet sich in gar nicht so seltener Zahl im Berg. Die Überreste der Leuchtspäne kommen dagegen viel häufiger, in die Tausenden gehend, vor. Ein festes, aus vielen Einzelsträhnen zusammengedrehtes Seil, ist dagegen bisher ein Unikat.
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A. Kern, Präsentation der Funde vor Ort.
Vortrag von Dr. Anton Kern
Vortragender: Dr. Anton Kern, Direktor der Prähistorischen Abteilung des NHM Wien und Leiter der Ausgrabungen des Gräberfeldes im Hochtal zu Hallstatt.
Zeit: 2. April 2003, um 19.00 Uhr
Ort: Naturhistorischen Museums Wien, Kinosaal
Organisator: Anthropologische Gesellschaft in Wien

Der Vortrag bietet einen Überblick zu den jüngsten Ausgrabungen auf dem Hallstätter Gräberfeld und den Arbeiten unter Tage im prähistorischen Bergwerk.

Den Abschluß des Vortrages bildet eine 3D-Diashow zum Thema Hallstatt.
->   Anthropologische Gesellschaft
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Naturhistorisches Museum Wien

Bronzepokal mit Tierfries
Die Prähistorische Abteilung im Naturhistorischen Museum in Wien bietet einen großartigen Überblick über das Gräberfeld von Hallstatt, welches in der Urnenfelderzeit (Spätbronzezeit) einsetzt, seinen Schwerpunkt in der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) aufweist und in der frühen La-Tène-Zeit (jüngere Eisenzeit, Kelten) ausklingt.

Ein fein verzierter Bronzepokal (Bild) - der Verstorbene dürfte einen Wettkampf, wie er oftmals auf zeitgenössischen Darstellungen der sogenannten Situlenkunst zu sehen ist, gewonnen haben -, das Becken mit den Griff in Form eines Rindes und eines Kälbchens (Bild oben) oder die bekannte fein verzierte Schwertscheide aus der frühen Keltenzeit sind Unikate, welche Hallstatt weltberühmt gemacht haben.
->   Naturhistorisches Museum
->   Dr. Anton Kern
Salzwelt Hallstatt

Weitere Auskünfte:
Salzwelten Information +43 (0) 6132 200 24 00
->   Salzwelt
Museum Hallstatt

Öffnungszeiten:
● 09:00 - 18:00 Uhr täglich in den Monaten Mai, Juni, September, Oktober
● 10:00 - 19:00 Uhr täglich in den Monaten Juli, August
● 10:00 - 16:00 Uhr in den Monaten November, März, Montag geschlossen!
->   Prähistorischer Salzbergbau
->   Die Katastrophe
->   Die Kelten
->   Das Gräberfeld
Text: Anna Preinfalk und Otto Urban
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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