Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 
Die Marionetten-Regierung  
  Die Vorbereitung zur so genannten "Volksabstimmung" am 10. April 1938 erfolgte durch mehrere Verordnungen der nationalsozialistischen Marionetten-Regierung. Bereits in der Abstimmungsverordnung vom 15. März findet sich der berüchtigte Paragraph, der die jüdische Bevölkerung vom Wahlrecht ausschloss.  
Österreichische Landesregierung
Am 17. März wurde der erste Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Einführung deutscher Reichsgesetze in Österreich kundgetan, wodurch die österreichische Bundesregierung die Bezeichnung Österreichische Landesregierung trug, mit deren Führung der Reichsstatthalter Seyß-Inquart vom Führer beauftragt wurde. Auf Vorschlag des Reichsstatthalters ernannte der Führer die Mitglieder der Landesregierung. Dieser nun völlig von Berlin abhängigen Marionetten-Regierung gehörten Glaise-Horstenau, Wolf, Klausner, Hueber, Menghin, Jury, Neumayer, Reinthaller und Fischböck an.

Der Begriff Marionetten-Regierung soll nicht falsch verstanden werden: Denn sie entstand aus einer regulär ernannten Österreichischen Bundesregierung, trug vieles mit, was wahrlich kein "Theater", sondern bitterer Ernst war.

Außerdem wurde am 17. März 38 als einzige politische Partei die NSDAP zugelassen. Im 2. Erlaß, kundgemacht am 17. März, wurde die Eidesformel auf den Führer so wahr mir Gott helfe erlassen und bestimmt, dass die Reichsminister, die Reichsstatthalter sowie die Mitglieder der Landesregierung jederzeit vom Führer verabschiedet werden können. (§ 161).
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Resolution des Jüdischer Weltkongresses vom 21. März 1938
Eine der wenigen politischen Institutionen, die sich in internationalen Gremien gegen den Anschluss Österreichs aussprachen, war neben der Regierung von Mexiko der Jüdische Weltkongress. Er bezog sich dabei auf die Einhaltung des Art. 69 im Vertrag von Saint-Germain aus dem Jahre 1919, welcher die Rechte der in Österreich lebenden Personen rassischer, religiöser oder sprachlicher Minderheiten betraf und deren Einhaltung vom Völkerbund in der Resolution vom 27.10.1920 garantiert worden ist.

Am 21. März 1938 brachte das Exekutivbüro des Jüdischen Weltkongresses eine Petition an den Völkerbund, wobei sie auf die Ereignisse, die in Österreich soeben stattgefunden haben und über deren Auswirkungen auf die Situation der Juden in diesem Lande, verwies.

Bereits im Moment des Einmarsches hat die Regierung die Juden rechtlos gemacht und zahllose Verfolgungen haben begonnen. Die berüchtigten Nürnberger Gesetze, welche die Juden zu Parias machen, werden nun auf die israelitischen Staatsbürger Österreichs angewendet.
->   Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
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Vorbereitungen zur so genannten ''freien'' Abstimmung
Am 25. März 1938 findet sich nun erstmals der berüchtigte Stimmzettel mit dem doppelt so großen Ja-Kreis in der Mitte. Ursprünglich, das heißt am 15. März, fanden sich noch zwei gleich große Kreise.

 


Ursprünglich geplanter Stimmzettel vom 15. März 1938

 


Suggerierender Stimmzettel vom 25. März 1938
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Oswald Menghin - III. Teil
Sein Werdegang als langjähriger Professor für Urgeschichte und kurzfristiger Unterrichtsminister im Kabinett Seyß-Inquart wird seit 1995 am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien untersucht.

Seine Biographie erscheint für jene willfährigen Wissenschaftler Österreichs typisch, die den Anschluss ermöglichten. Diese Männer der zweiten und dritten Ebene, welche schon viele Jahrzehnte früher - im Wien des Dr. Lueger - geformt wurden und den Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus scheinbar wissenschaftlich begründeten, bereiteten damit - wie wir heute wissen - auch die Greueltaten der NS-Herrschaft vor.
->   Das Ende der 1. Republik
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Menghins Tagebuch
Von Menghin findet sich nicht viel aus diesen Tagen. Er hat allerdings bei der Abstimmung im Ministerrat für alle Gesetze mitgestimmt. So wurde am 24. März 1938 ein Gesetz über die Organisation akademischer Behörden und die Wahl deren Funktionäre erlassen, wobei es auffällt, dass mit der Durchführung nicht - wie üblich - der zuständige Minister (Menghin), sondern der Reichsstatthalter, das heißt Seyß-Inquart, betraut wurde.
14. März 1938 - Blut und Boden
Reichspost 74 vom 15.3.1938, S. 5 berichtet: Aus dem Rundschreiben des Unterrichtsministers an die Beamtenschaft: "Denn die Güte, die das Unterrichtsministerium zu betreuen hat, die Erziehung und die Werte der geistigen Kultur, sind die höchsten, die es gibt, von ihnen aus fällt die letzte Entscheidung über das Wohl und Wehe eines Volkes, gerade wie die erste aus den Kräften von Blut und Boden fließt."

Die Formulierung erinnert an einen Vortrag, den Menghin bereits im Feber 1938 in der Nr. 2 "Die Warte" ( AK Wien) abdruckte: "Geist und Boden". In ihm wird "gegen den Intellektualismus und Relativismus, die Naturferne und Blutleere überreifer Stadtkulturen" geschrieben und "das
Bauerntum ... mit seiner Erdnähe und Bodenverbundenheit, seiner Ahnentreue und Sittenstärke" als Lebensform empfohlen, "die verspricht, die in Gefahr befindliche biologische Kraft der weißen Rasse zu erhalten." Ideen, die heute noch in gewissen esoterischen Zirkeln der "zurück zur Natur" bzw. New-Age-Generation auftreten.
18. März 1938 - Führerbilder, Burgtheater, ORF
Erlass des Unterrichtsministers Z. 9115: Anbringung von Bildern des Führers und Reichskanzlers in den Klassenzimmern und Amtsräumen der öffentlichen und privaten Schulen, mit Ausnahme jener, die in Mehrzahl von ausländischen oder jüdischen Schülern besucht werden.

Der Völkische Beobachter (Wien) vom 18.3.1938, 8 f., meldet, dass das nationalsozialistische Landeskulturamt unter Leitung Pg. Hermann Stüppäck "im engen Einvernehmen mit dem von Prof. Dr. Menghin geleiteten Unterrichtsministerium" die Führung des Burgtheaters in die Hände von Mirko Jelusich, eines wegen seiner "gehaltvollen historischen Romane" bekannten österreichischen Schriftstellers, und alle Zweige der bildenden Kunst in die Hände von Prof. Leopold Blauensteiner gelegt worden ist.

Dem österreichischen Rundfunk wurde als kommissarisch künstlerischer Berater der vom verflossenen Regime zu lebenslänglichem Kerker verurteilte PG. Dr. Geutebrück zugeteilt.
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Konstruierte Kontinuitäten?
Hochschulen und Wissenschaften im Nationalsozialismus und danach. Veranstaltung im Campus der Universität Wien vom 22. bis 24. März 2001.
->   Programm
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