Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Ötzi Cultour eröffnet
Aktuelles zur Ötzi-Forschung
 
  Hologramme, 3D-Animationen, Videoprojektionen und qualitätsvolle Rekonstruktionen geben einen umfassenden Überblick über den Stand der Eismann-Forschung. Die Ausstellung wurde am Dienstag (30.9.) im NHM Wien eröffnet und ist bis 31. Jänner 2004 zu sehen.  
Eine multimediale Ausstellung - klein, aber fein

Kleidung, einst und jetzt
Der Besucher erlebt mit Hilfe verschiedener interaktiver Module die überraschenden Forschungsergebnisse rund um den Mann aus dem Eis, darunter auch neue Erkenntnisse, wie die späte Entdeckung einer Pfeilspitze als Todesursache oder seine letzte Mahlzeit.

Anhand von Videoprojektionen, Hörbildern, Hologrammen, Wackelbildern, Materialproben, Fotos, 3D-Animationen und interaktiven Stationen werden dem Besucher die Ergebnisse der Forschungsarbeiten der letzten zwölf Jahre nahe gebracht.

Die Ausstellung - im Raum der ehemaligen Anthropologischen Abteilung untergebracht - wirkt etwas beengt. Sie wurde in Bozen entworfen und wird nun in Wien erstmals außerhalb Italiens gezeigt.
Was geboten wird - Wissen pur

Die Ausstellung will erarbeitet werden - Türen sind zu öffnen, Schieber zu betätigen, Videosequenzen zu betrachten. So wie das Team der Forscher, sicher mehrere Hundert an der Zahl, Stück für Stück, Probe für Probe analysiert, diskutiert und in ein Gesamtbild gestellt haben, muß sich der Besucher durch die Details arbeiten. Dabei stößt der Betrachter auf viele neue Methoden und Techniken, die weit weg von der Archäologie im landläufigen Sinn führen und viel mehr mit Gerichtsmedizin, Spurensuche und Detektivarbeit zu tun haben.

Es ist eine Ausstellung - im ersten Moment so gar nicht im Zeitgeist. Keine sensationellen Originale mit Hunderten von Millionen Versicherungswert, keine spektakulären Inszinierungen und Lebensbilder - dafür Informationen, Details, die es jedem Betrachter, der sich dafür Zeit nimmt, ermöglicht, selbst das Puzzle Stein für Stein in seinem Kopf zusammenzutragen - und plötzlich entsteht ein Mensch, seine Herkunft, sein Alter, seine letzten Stunden, sein Schicksal.
Italienisches Design

Natürlich hat er nicht den Berg beherrscht und ist nicht über Gletscher gewandert; vielmehr war er verletzt, gejagt und ist wohl recht einsam an diesem Gebirgsübergang Nahe der heutigen italienisch-österreichischen Grenze elendlich verstorben.

Das moderne Design, die vielfältigen visuellen Effekte, schützen vor einem zu wildromantischen Bild. Der präparierte Steinbock und Adler dürfte wohl aus dem Altbestand des NHM hinzugefügt worden sein.

Die Ausstellung ist, wie international üblich, zweisprachig: deutsch und englisch. Ein spezielles didaktisches Programm wurde für Kindergruppen erarbeitet.
->   Naturhistorisches Museum
Eröffnung am 30. September 2003

Bei der Eröffnung gestern Abend wies Frau BM Gehrer auf die Bedeutung der Eismumie, die ein Fenster in die Zeit vor 5300 Jahren öffnete.

Herr Landeshauptmann Thurnwalder hofft, dass diese Sonderausstellung viele Besucher nach Bozen anlocken wird.

Der Südtiroler Landesrat für Kultur dankt allen Wissenschaftern und Institutionen für ihre Mit- und Zusammenarbeit.

Neben der Begrüßung und einleitenden Worten durch den Generaldirektor sprach Prof. Seidler für die Wissenschafter.

Ein umfassendes Rahmenprogramm mit Filmvorführungen, Vorträgen, experimentalarchäologischen Vorführungen und Kinderführungen begleiten die Ausstellung (siehe unten).
Führung der Ehrengäste
 


Wer war Ötzi?

Ein etwa 45 jähriger Mann, rund 1,60 m groß und etwa 50 kg schwer. Er lebte von rund 5300 Jahren, also in der Kupferzeit. Er hatte blaue Augen und trug sein dunkelbraunes Haar schulterlang. Seine Ausrüstung - insbesondere das in Zweischalenguß hergestellte Kupferbeil - deuten auf einen Krieger gehobenen Standes.

Der Zahnschmelz jedes Menschen speichert in der frühesten Kindheit Strontium-, Blei- und Sauerstoffisotope. Durch vergleichende Boden- und Wasserproben lässt sich die Heimat der Kindheit ziemlich genau bestimmen. Die Daten deuten auf eine Herkunft aus dem Süden (vermutlich dem Eisacktal). In den letzten Jahren seines Lebens hat er sich dagegen möglicherweise im unteren Vinschgau oder im Pustertal aufgehalten.

Die Kleidung umfasst keine Textilien. Die vier DNA-Analysen (Pfeilspitze, Schaft und Dolchklinge) dürften alle von verschiedenen Menschen stammen. Wenn sich dies als richtig herausstellt, so bedeutet dies, dass die beim Ötzi gefundenen Waffen ausschließlich für den Kampf und nicht für die Jagd verwendet worden wären.

Wie so oft bei naturwissenschaftlichen Analysen ist hier allerdings sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen worden.

 


Rekonstruierter Dolch mit Scheide.
Die älteste Feuchtmumie
Feuchtmumien, wie Ötzi, sind sehr selten und gut konserviert überaus wertvoll. Ötzi blieb verletzt und erschöpft in der hochalpinen Mulde liegen. Wie der Vorgang der Mumifizierung vor sich gegangen ist, ist noch immer nicht restlos geklärt.

Angenommen wird, dass der Mann von einer schützenden Schneedecke bedeckt wurde, die über die Jahre hin luftdurchlässig blieb. So setzte gleich die Mumifizierung ein. Haut, Haare, Augen, Gewebe, die inneren Organe, ja selbst der Darminhalt und die Kleidung blieben dank dieser Konservierung erhalten.

Noch ca. 12 Stunden vor seinem Tod hatte der Mann Fleisch, Gemüse, Einkorn in Form von Brot und Brei gegessen. Winzige Kohlestücke verraten, dass das Essen auf offenem Feuer gekocht worden ist. Im Darm entdeckte Hopfenbuchenpollen, die unbewusst und indirekt über die Nahrung aufgenommen wurden, besagen, dass Ötzi im Frühsommer starb.
Die Pfeilverletzung

Ötzi starb an den Folgen einer Schussverletzung. Bis zum Jahr 2001 blieb die kupferzeitliche Pfeilspitze aus Silex unentdeckt. Erst durch neuere Röntgenaufnahmen im Krankenhaus Bozen wurde sie entdeckt. Der Pfeil ist von hinten ca. 5 bis 7 Zentimeter in den Körper eingedrungen. Er durchschlug das linke Schulterblatt und blieb in den Weichteilen knapp vor der Lunge stecken. Die Pfeilspitze liegt im Weichgewebe zwischen linkem Schulterblatt, den Rippenbögen und dem Schultergelenk. Es wurden zwar keine lebenswichtigen Organe verletzt, der Blutverlust war beträchtlich und der Todeskampf zog sich wohl über Stunden.

Unmittelbar vor seinem Tod trug Ötzi auch noch einen Nahkampf aus. Dies zeigt eine tiefe Schnittwunde in der rechten Hand. Ötzi war offensichtlich auf der Flucht. Das Motiv dafür ist unbekannt.

 


Vergrößerung mit der Pfeilspitze - sie darf zur Zeit nicht entfernt und untersucht werden.

 


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Rahmenprogramm
In Verbindung mit der Sonderausstellung bietet das Naturhistorische Museum auch ein reichhaltiges Rahmenprogramm rund um den Mann aus dem Eis an.
Folgende interessante Veranstaltungen stehen zur Wahl:

OETZIS RUECKKEHR
Discovery Channel begleitet die spektakulaere Untersuchung an Oetzi, waehrend Dr. Eduard Egarter-Vigl versucht, das Geheimnis um den Tod des Eismannes zu l?ften.
Filmvorfuehrung, 17. Oktober, 16.00 Uhr im Kinosaal

OETZI: EIN STEINZEITKRIMI
Praesentation des neuen Oetzi-Filmes des Discovery Channel mit Regisseur Brando Quilici.
Ein Australischer Wissenschaftler hat Blutspuren von vier verschiedenen Personen an den Beifunden (z.B. auch am Mantel) des Mannes aus dem Eis identifiziert; zusammen mit den k?rzlich entdeckten Verletzungen an der Leiche geben die Erkenntnisse Anlass die Geschichte der ?ltesten Gletschermumie umzuschreiben.
Vortrag und Filmpraesentation, 7. Dezember, 14.00 Uhr im Kinosaal

DER EISMANN ZWISCHEN REALITAET UND SPEKULATION
Vortrag von Prof. Dr. Horst Seidler, 14. November, 16.00 im Kinosaal

DER TOD DES MANNES AUS DEM EIS
Neue forensisch-pathologische Erkenntnisse
Vortrag von Dr. Eduard Egarter-Vigl, 21. J?nner 2003, 18.30 Uhr im Kinosaal

ARCHAEO-LIVE
Erleben Sie die Arbeitstechniken unserer Vorfahren hautnah!
Ausgehend von den Ausruestungsgegenstaenden Oetzis zeigen wir Ihnen wie man in der Urgeschichte Fell und Leder sowie Holz, Knochen und Steine bearbeitete.

29. und 30. November 2003: Bearbeitungstechniken fuer Fell und Leder
13. und 14. Dezember 2003: Holz-, Knochen- und Kupferbearbeitung
3. und 4. J?nner 2004: Steinwerkzeuge. Schlagen von Feuersteinklingen und Pfeilspitzen

OETZI CULTOUR - FUEHRUNGEN
jeden Sonntag 16.30 Uhr, ausgenommen 26.Oktober, und gegen Voranmeldung

Kinderprogramm: OETZI - ABENTEUER - STEINZEIT
18. und 19. Oktober 2003, 13. und 14. Dezember 2003, 3. bis 5. J?nner 2004
F?hrungen samstags um 14.00 Uhr und sonntags um 10.00 und 14.00 Uhr

Info & Anmeldung fuer Fuehrungen und Kinderprogramm:
Mo, Mi-Fr 9-12 Uhr Tel. 521 77 / 335
->   Naturhistorisches Museum Wien
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Weitere Informationen und Links zu Ötzi
Viele interessante nicht nur wissenschaftliche Informationen findet man unter den verschiedenen Links die auf der Homepage der Uniklinik-Saarland zusammengestellt werden.
->   Links zum Ötzi
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Neue Publikationen

Von der Ötzi-Expertin Angelika Fleckinger sind mehrere Bücher erschienen. Das neuerste Werk gibt eine Zusammenfassung der verschiedenen modernen Untersuchungen und liefert neue Ergebnisse der Eismann-Forschung:

Angelika Fleckinger (Hg.)
Die Gletschermumie aus der Kupferzeit,
136 Seiten
Folio Verlag, Bozen (Euro 26,50)
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Ötzi - populär
Angelika Fleckinger,
Ötzi, Der Mann aus dem Eis.
Alles Wissenswerte zum Nachschlagen und Staunen,
120 Seiten, durchgängig farbige Abbildungen,
Bozen 2003. (Euro 10,60)
->   Folio Verlag
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Archaeopark Schnalstal
Unweit der Fundstelle des berühmten Mannes, wurde im Schnalstal ein Dorf errichtet so, wie es zu Lebzeiten von Ötzi ausgesehen haben könnte.
->   Archeopark Schnalstal
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Bildrechte
Die Bilder können mit Genehmigung des Archäologischen Museum Bozen gezeigt werden. Mit Ausnahme der letzten Bilder alle Fotos von Verf.
->   Museum Bozen
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