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Philipp Steger
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Austrian Embassy, Washington
 
ORF ON Science :  Philipp Steger :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 
Smithsonian-Reform: Grenzen für modernes Management  
  Im altehrwürdigen Smithsonian ist Reorganisation und Straffung der Strukturen nach modernen Managementprinzipien angesagt. Dies stößt allerdings auf heftigen Widerstand bei Mitarbeitern und Unterstützern der renommierten Stiftung, die zahlreiche Museen und Forschungseinrichtungen unter ihrem Dach vereint.  
Ein Banker als Forschungsmanager
Der 1999 bestellte Direktor des Smithsonian, Lawrence M. Small, wird vor allem von jenen kritisiert, die meinen, daß eine Stiftung mit einer derartig breiten Zielsetzung ("the increase and diffusion of knowledge") nicht auf der Grundlage privatwirtschaftlich orientierten Managements reorganisiert werden kann.

Die Bestellung des ehemaligen Bankers Small - er ist der erste Smithsonian-Direktor ohne wissenschaftlichen Hintergrund - wurde von vielen Wissenschaftern mit schelen Augen betrachtet. Allerdings dürfte fast allen bewußt gewesen sein, daß die Bestellung auch die wachsende Bedeutung des Einwerbens finanzieller Unterstützung durch private Sponoren widerspiegelte.
Wettbewerbsfähigkeit als oberste Priorität
Small konzentriert sich allerdings nicht nur auf fundraising, sondern auch auf die Reorganisation und Umstrukturierung des Smithsonian Institute. Und das ist es auch, was zunehmend für Unmut sorgt, und zwar in erster Linie unter den circa 600 Wissenschaftern des Smithsonian.

In der Reorganisation der von diversen zum Smitsonian gehörenden Forschungszentren betriebenen Wissenschaft kann sich der ambitionierte Direktor auf unabhängige Studien stützen, die in fast allen Forschungsprogrammen erhebliche Defizite orten: Mangel an klaren strategischen Zielsetzungen und Prioritäten; unzureichende Finanzierung; keine Evaluierungen; zu wenig Interaktionen mit Forschern in ähnlichen Programmen; etc.

Bei der nunmehrigen Reform geht es vor allem darum, klare Prioritäten zu setzen und in vorhandene Stärken zu investieren und jene Einrichtungen und Programme, die nicht wettbewerbsfähig oder flexibel genug sind, um sich einen Platz unter den Besten zu erkämpfen, zu eleminieren.
Herbe Kritik
Schon vor einigen Wochen gab es helle Aufregung um die von Small geplante Schließung des Conservation & Research Centers in Virginia. Die Proteste zahlreicher Forscher und Politiker führten schließlich dazu, daß Small die Schließungsentscheidung rückgängig machte.

Damit endeten jedoch die - zum Teil auch persönlichen - An- und Untergriffe gegen Small nicht. Kürzlich warf ihm Richard Cohen, ein prominenter Kolumnist der Washington Post, vor, weder das Vertrauen der Mitarbeiter noch die notwendigen inhaltlichen Voraussetzungen zu haben, um eine wissenschaftliche Einrichtung vom Format des Smithsonian zu leiten.
->   Conservation & Research Center
->   Kommentar von Richard Cohen in der Washington Post
Diskussion über Grundsätze privater Forschungsförderung
Die jetztige Auseinandersetzung ist nicht bloß der übliche Kampf zwischen den Bewahrern des Status Quo und den Reformern. Der Unmut sitzt tiefer: Die Auswüchse einer von privaten Geldern finanzierten Forschungs- und Museenlandschaft machen offensichtlich immer mehr Intellektuellen zu schaffen.

Mit dem verstärkten Einzug privater Sponsoren und der zunehmenden Abhängigkeit des Smithsonian von diesen Geldern stellt sich die Frage, ob auch weiterhin relevante Entscheidungen von der scientific community selbst getroffen werden oder ob wesentliche Entscheidungen den Sponsoren überlassen werden.
Privatwirtschaftliche Paradigmen in der Forschung
Wie so oft, wenn eigentlich über Inhalte diskutiert werden sollte, ist die Diskussion über die Reform des Smithsonian Institute in eine Auseinandersetzung über die persönlichen Qualitäten des Direktors abgeglitten.

Aber bereits jetzt zeigt sich in der nun in die nächste Runde gehenden Diskussion um die Restrukturierung des Smithsonian, daß die Übertragung privatwirtschaftlicher Managementparadigmen in die Forschung auch in den USA nicht unbestritten ist.
->   Artikel in der Washington Post v. 10.6.2001 zur Reform des Smithsonian
->   Information über das Smithsonian Institute am Server der Karl Franzens Universität Graz
->   Smithsonian Institute
 
 
 
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