Host-Info
Philipp Steger
Office of Science& Technology
Austrian Embassy, Washington
 
ORF ON Science :  Philipp Steger :  Umwelt und Klima 
 
Mehr Forschung in amerikanischer Umwelt- und Energiepolitik?  
  Kurz vor Antritt seiner Reise nach Europa kündigte Präsident Bush Alternativen zum Kyoto-Protokoll an und versprach dabei, die Rolle von Umwelt- und Energieforschung zu verstärken. Die bisherigen Budgetpläne und die neue nationale Energiestrategie (National Energy Policy) lassen dies jedoch als wenig realistisch erscheinen.  
Ein Bündel an Forschungsinitiativen
Präsident Bush nützte seine erste offizielle Reise nach Europa, um die Konturen einer amerikanischen Alternative zu Kyoto zu beschreiben. Dabei betonte George W. Bush die eminente Rolle von Forschung & Technologie bei der Reduktion der Treibhausgase und kündigte etliche Forschungsinitiativen an.

Im Rahmen der Climate Change Research Initiative sollten verschiedene Forschungsansätze koordiniert und die Prioritäten für die weitere Forschung abgeklärt werden. Der Präsident versprach, seine Minister anzuweisen, interministerielle Prioritäten für zusätzliche Investitionen zu erarbeiten. Im Rahmen der National Climate Change Technology Initiative soll die relevante Forschung an Universitäten und den Nationalen Forschungseinrichtungen (National Laboratories, z.B. Sandia Labs in Albuquerque) gestärkt werden. Mit der EU und Japan werden im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsunternehmens Computermodelle zur Prognose von globalen Klimaänderungen erarbeitet.
->   Originaltext der Rede von George W. Bush
->   Artikel in der Washington Post v. 11.6.2001 über Bushs jüngste Äußerungen zu Kyoto
->   Artikel in der New York Times v. 11.6.2001 über Bushs jüngste Äußerungen zu Kyoto
Bush bezweifelt Global Climate Change Science ...
Die jüngste Erklärung des in Umweltfragen schwer in Bedrängnis geratenen George W. Bush läßt in vielerlei Hinsicht jedoch zu wünschen übrig.

Obwohl er in seiner Ansprache betonte, daß die zukünftige Global Climate Change Politik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse gemacht werden müsse, stellte der amerikanische Präsident dennoch die von der Mehrheit der Klimaforscher akzeptierten Ursachen für die Klimaveränderung in Frage. Damit ignorierte er auch eine von ihm in Auftrag gegebene Studie der National Academy of Sciences (NAS).
... und kündigt US Führung in Sachen Climate Change an
Die Ankündigung, nach der Absage an das Kyoto Protokoll nunmehr die Führung in Hinblick auf Climate Change Policy & Research übernehmen zu wollen, wird bei den europäischen Partnern nicht auf allzuviel Gegenliebe stoßen.
->   National Academy of Sciences
->   Climate Change Science Report der National Academy of Sciences
Erneuerbare Energieträger in Nebenrolle
Das größte Fragezeichen steht allerdings hinter der Ankündigung, der Umwelt- und Energieforschung einen höheren Stellenwert einräumen zu wollen. Ist es damit ernstgemeint, würde dies eine Änderung des F&E Budgets und auch eine Prioritätenänderung in der vor kurzem veröffentlichten National Energy Policy erfordern.

Die National Energy Policy setzt den Schwerpunkt fraglos auf die Angebotsseite. Es wird nicht damit gerechnet, daß es gelingen würde, die Nachfrage nach Öl, Gas und Strom zu verringern.

Damit wird in der nationalen Energiestrategie den fossilen Energieträgern auch für die Zukunft die Hauptrolle zugedacht, während den erneuerbaren Energieträgern und alternativen Treibstoffen bloß für die ferne Zukunft eine Rolle zugestanden wird. Eine massive Investition in Umweltforschung - wie nun von Bush angekündigt - ist ohne Änderung dieser Ungleichgewichtung schwer vorstellbar.
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National Energy Policy
Eine von Präsident George W. Bush eingesetzte task force hat im Mai eine neue National Energy Policy erarbeitet. Dies soll die Antwort auf die Energiekrise in den USA sein und setzt vor allem auf Steigerung der Energieeffizienz durch verstärkten Einsatz neuer Technologien einerseits und Verbesserung des Energieangebotes durch den Bau neuer Kraftwerke (1900 neue Kraftwerke bis 2020) und Erschließung neuer Gebiete für Öl- und Gasbohrungen andererseits. Die National Energy Policy enthält eine Reihe von Empfehlungen für die Bereiche Produktion, Kraftwerksbau- und betreibung, Kernenergie, erneuerbare Energieträger und Umweltschutz im allgemeinen.

Dazu gehören beispielsweise die Lockerung der Restriktionen bei der Öl- u. Erdgasförderung auf öffentlichen Grundstücken sowie Erschließung eines Teils des ¿Arctic National Wildlife Refuge¿ im Bundestaat Alaska für die Öl- u. Erdgasförderung; eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für die Errichtung von Kraftwerken; die Schaffung von Steuererleichterungen für den Ankauf von Kernkraftwerken; die Forcierung des Vorhabens zur Schaffung eines Nationalen Atommüll-Lagers; die Gewährung von steuerlichen Begünstigungen für die Erzeugung von Windenergie; die Forcierung der amerikanischen Beteiligung an der Erschließung von Öl- u. Erdgasvorkommen im Kaspischen Meer.
->   Text der National Energy Policy
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F&E Budget 2002: düstere Zukunft für Energieforschung
Die nunmehrigen Ankündigungen lassen sich mit den F&E Budgetplänen der Bush Administration für 2002 kaum in Einklang bringen. Der präsidentielle Entwurf des Budgets sieht zwar insgesamt eine deutliche Erhöhung des F&E Budgets vor, allerdings sind lediglich die National Institutes of Health (NIH) und das Department of Defense (DOD) Nutznießer von Erhöhungen.

Die anderen Ministerien und Forschungsförderungseinrichtungen (wie etwa die National Science Foundation) sind Opfer stagnierender Budgets oder gar drastischer Kürzungen. Die energierelevante Forschung wird im Vergleich zu 2001 um 25,8 Prozent gekürzt.

Ein prominentes Opfer ist die über das Department of Energy (DOE) geförderte und abgewickelte Energieforschung. Unter diesen Forschungsprogrammen widerfährt den Forschungsprogrammen zu solarer Energie und erneuerbaren Energieträgern die stärkste Kürzung: Sie werden um 30,8 % gekürzt.

Die Förderung der Programme im Zusammenhang mit der sogenannten energy conservation R&D werden um 28,3% gekürzt. Die nunmehr von Bush angekündigte Climate Change Technology Initiative ist laut Washington Post eine Wiederauflage eines unter Clinton begonnen Programms, welches allerdings durch den Budgetentwurf 2002 erheblich gekürzt wurde.
->   AAAS - Analyse des F&E Budgets der USA
Chancen für Europa
Es steht also zu befürchten, daß nur ein Bruchteil des Angekündigten umgesetzt wird. Dennoch: die USA werden sich dem Druck der Europäer auf Dauer nicht entziehen können und demonstrieren müssen, daß den Versprechen auch Taten folgen. Für diesen Fall eröffnen sich für die Europäer beträchtliche Chancen. Denn die von Bush behauptete US-Führung im Bereich der Umwelttechnologien entspricht nicht ganz der Realität: sowohl Umweltforschung als auch Umwelttechnologien europäischer Provenienz sind den USA voraus.
 
 
 
ORF ON Science :  Philipp Steger :  Umwelt und Klima 
 

 
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