Host-Info
Philipp Steger
Office of Science& Technology
Austrian Embassy, Washington
 
ORF ON Science :  Philipp Steger :  Technologie .  Umwelt und Klima 
 
'Freedom CAR' - ersetzt die Vision 'Brennstoffzelle' erfolgreiche Innovation?  
  Die US-amerikanische Regierung beginnt eine Partnerschaft mit der Industrie zur Entwicklung des Brennstoffzellen-Fahrzeugs und bricht ein altes, aber erfolgreiches Program ab.  
The good news is ...
Der US-amerikanische Energieminister, Abraham Spencer, nutzte die Detroit Auto Show 2002 zur Verkündung einer Nachricht, die nun für gemische Reaktionen sorgt: das Department of Energy (DoE) beginnt eine neue Partnerschaft mit den großen amerikanischen Fahrzeugherstellern, um die Vision des mit Brennstoffzellen betriebenen Autos Wirklichkeit werden zu lassen.
and the bad news is ...
Diese, für Verfechter der Brennstoffzelle als Energiequelle und Umweltschützer auf den ersten Blick erfreuliche Nachricht, verursacht jedoch mancherorts auch Unbehagen.

Denn die Bundesregierung verabschiedet sich damit von der unter Clinton ins Leben gerufenen Technologie-Initiative "Partnership for a New Generation of Vehicles" (PNGV) und startet eine neue, noch visionärere, dafür aber noch längerfristige Initiative "Freedom CAR".
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Was verbirgt sich hinter
"Freedom CAR" - CAR steht für Cooperative Automotive Research - soll ein großangelegtes, gemeinsames Forschungsvorhaben zwischen dem DoE und dem Council for Automotive Research (USCAR) werden, dass den Masseneinsatz von Brennstoffzellen zum Betreiben von Fahrzeugen vorbereiten soll. USCAR, ein loser Zusammenschluß von DaimlerChrysler, Ford und General Motors zu Zwecken der gemeinsamen Technologieentwicklung im Bereich des Benzinverbrauches, wurde 1992 gegründet. Primäres Ziel der Zusammenarbeit war die Koordination der Zusammenarbeit mit dem DoE im Rahmen der PNGV-Initiative.

PNGV war eine ehrgeizige und - das stellte auch Abraham Spencer bei seiner Pressekonferenz nicht in Abrede - im wesentlichen erfolgreiche Initiative mit dem überaus ehrgeizigen Ziel, bis 2004 Prototypen eines Fahrzeuges mit einem Benzinverbrauch von 80 miles per gallon (MPG) zu entwickeln. Keiner der drei beteiligten amerikanischen Autokonzerne hat zwar das Ziel bisher erreicht, allerdings sind im Zuge dieser Initiative doch beachtliche Fortschritte gemacht worden und es wurde vor allem sichtbar, was technisch bereits machbar ist. Dies wird in einer umfassenden Evaluierung des Programms, die erst kürzlich vom National Research Council erstellt wurde, bestätigt.
->   Partnership for a new Generation of Vehicles
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->   Council for Automotive Research
->   PNGV - Evaluierungsstudie des National Research Council
->   Fact Sheet zum Thema 'Freedom Car'
->   science.orf.at - Beitrag zur Forschung über Brennstoffzellen als Energielieferanten für das Auto der Zukunft in Österreich
->   Allgemeine Information über die Brennstoffzellen-Technologie
Günstiger Zeitpunkt
Die Nachricht kommt zu einem günstigen Zeitpunkt, denn es ist zu erwarten, dass die durch den 11. September unterbrochene Diskussion über die nationale Energiestrategie von George W. Bush in den nächsten Monaten mit Vehemenz fortgesetzt wird.

Auch der Slogan "Freedom CAR" scheint gut gewählt, erinnert er doch unmißverständlich daran, worum es geht: es gilt, die Abhängigkeit der USA von importiertem Erdöl zu verringern.

Bereits im Mai 2001, also noch vor der tragischen Demonstration amerikanischer Verletztlichkeit, hatte der Präsident dieses Ziel formuliert.
Skepsis über Schicksal kurzfristig notwendiger Maßnahmen
Dennoch verschaffen sich bereits jetzt skeptische Stimmen Gehör: so lobenswert die Initiative sei, so stehe zu befürchten, dass kurzfristigere und mittelfristigere Zielsetzungen zur Senkung des Benzinverbrauches (und damit der Abgase) darunter leiden. Mit einem Brennstoffzellenfahrzeug, das in Massenproduktion erzeugt wird, sei nicht vor 10-15 Jahren zu rechnen.

Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen, denn es ist für jedermann erkennbar, dass kurzfristig wirksame, aber wenig erfreuliche Entscheidungen anstehen, um die man sich mit dem Verweis auf die viel weitreichendere Vision des brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeuges drücken könnte.

Dabei geht es in erster Linie darum, die seit 6 Jahren unveränderten Vorschriften für die Energieeffizienz von Fahrzeugen zu verschärfen.
Gefahr für das bisher Erreichte
Derzeit sind für PKWs folgende "Corporate Average Fuel Economy" (CAFE) Standards als Minmalstandards vorgeschrieben: 27,5 MPG, und 20,7 MPG für LKWs. Der Teufel steckt auch hier im Detail, nämlich in der Definition der LKWs. In diese Kategorie fallen nicht nur Minivans und Pickup-Trucks, sondern die sich seit Jahren enormer Popularität erfreuenden Sport-Utility-Vehicles (SUV), also Jeeps und andere geländegängie Fahrzeuge.

Für die Automobilkonzerne ist der SUV Sektor die wichtigste Wachstumssparte. Wen wundert es, dass kaum ein Politiker wagt, hier entscheidend einzugreifen und für deutlich strengere CAFE Minimalstandards einzutreten, oder gar dafür SUVs im Hinblick auf die CAFE Vorschrfiten als PKWs zu definieren. Notwendig wäre eine solche Entscheidung allerdings, denn der Benzinverbrauch pro gefahrenem Kilometer ist in den USA der höchste seit 21 Jahren.

Aber auch für mittelfristige Ziele, wozu mittlerweile auch die Vorhaben der PNGV-Initiative zählen, besteht die Gefahr, dass das bisher Erreichte und vor allem, dass innerhalb der nächsten Jahre noch zu Erreichende, unter die Räder der neuen Initiative gerät.
Die Gretchenfrage
Alle diese Fragen sind zur Zeit nicht mehr als der Stoff für Spekulationen, denn eines hat der Energieminister noch offen gelassen. Die Gretchenfrage lautet: Wieviel will man sich das ganze kosten lassen? Für die PNGV-Initiative hat die Regierung über die bisherige Laufzeit rund eine 1,5 Milliarden US Dollar investiert.

Dieser Betrag wurde alljährlich durch eine Milliarde Entwicklungs- und Forschungsgelder der Automobilkonzerne aufgefettet. Und schließlich bleibt ein nicht unwesentlicher, bis dato überhaupt nicht thematisierter Aspekt, nämlich das Problem der notwendigen Versorgungsinfrastruktur.

Eine erste Antwort wird der für Februar angekündigte Budgetentwurf des Präsidenten für 2003 bringen. Spätestens dann muß George W. Bush Farbe bekennen, wie viel ihm eine rasche Realisierung der Vision des brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeuges wert ist.
->   Mehr von Philipp Steger in science.orf.at
 
 
 
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