Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Hallstatt in Frankreich
Eine Premiere: Bergbaufunde aus Hallstatt im Ausland
 
  Ende April wurde im Museum für Keltische Kultur in Bibracte eine Sonderausstellung über die aktuellen Forschungsergebnisse in Hallstatt eröffnet. Ein weiterer Meilenstein in den guten Kontakten zwischen französischer und österreichischer Eisenzeitforschung.  
Eine Premiere

Hallstatt, Foto: NHM
Im Rahmen der Ausstellung L'Or blanc de Hallstatt (Das weiße Gold Hallstatts) werden das erste Mal prähistorische Funde aus dem Salzbergwerk von Hallstatt (OÖ) im Ausland präsentiert; zuerst in Frankreich, dann in der Schweiz und in Deutschland. Dabei werden die aktuellen Ergebnisse der Bergbauforschungen mit den Neufunden aus dem großen Gräberfeld von Hallstatt verglichen.

Kamen einst Fremdgüter nach Hallstatt, so gehen heute die Fundstücke in die Fremde - auf Wanderschaft ins Ausland.

Bild rechts: Fußgefäß aus Hallstatt, Grab 65/2002, ein Importstück aus der Krainischen Hallstattkultur.
->   Hallstatt-News in science.ORF.at (Otto Urban)
Die bronzezeitliche Salzgewinnung von Hallstatt
 


Auswahl an spätbronzezeitlichen Bergwerksgeräten der Nordgruppe. Die so genannten Kratzen (1) und Schaufeln (2) dienten zum Zusammenziehen des Haukleins in Holzkübeln (3), mit deren Hilfe dann die Tragsäcke (4) gefüllt wurden.

Das tolle an den Grabungen in der Saline sind die hervorragenden Erhaltungsbedingung organischer Materialien, insbesondere von Holz, Leder und Textilien.

Sie geben ein Bild der Werkzeuge, Ausrüstung und Alltagsgegenstände der Bergwerksleute vor rund 3.000 Jahren.
30 bis 40 kg schwere Tragsäcke - von Frauen getragen

Mit den, im gefülltem Zustand 30 bis 40 kg schweren, Tragesäcken wurde dann das weiße Gold zu zentralen Sammelstellen im Bergwerk getragen.

Diese Transportarbeiten leisteten, wie wir durch die modernen anthropologischen Analysen von Doris Pany im Rahmen ihrer Diplomarbeit der Skelette von Hallstatt wissen, zumeist Frauen. So zeigt der Halswirbelknochen einer Frau eine knöcherne Leistenbildung (Osteophytenwachstum); es ist sozusagen der Versuch des Wirbels zur Selbststabilisierung bei andauernder Überbelastung durch das Tragen schwerer Lasten (Bild: blauer Pfeil).

Der bekannte, an Zwerge erinnernde Bergmann von Hallstatt, (siehe Logo) stimmt daher nicht mehr - Frauen trugen die schweren Säcke. Männer arbeiteten dagegen direkt mit dem Pickel im Berg; auch diese Tätigkeiten haben auf bestimmten Knochen (rechter Oberarm, linkes Schlüsselbein) ihre Spuren hinterlassen.
->   Anthropologinnen forschen (Universität Wien)
Abtransport aus dem Bergwerk
 


Von den zentralen Sammelstellen wurde im bronzezeitlichen Bergbau das Salz auf großen Rinderhäuten oder in Wollsäcken (Bild weiter oben, Nr. 5) an einem dicken Seil durch einen gut 30 m hohen Schacht nach oben gezogen.

Dieses Seil ist ein Meisterwerk (in Wirklichkeit natürlich einfach nur eine qualitätsvolle handwerkliche Arbeit) aus Lindenbast - es besteht aus drei einzeln im Uhrzeigersinn zusammen gedrehten Strängen, die wiederum jeweils aus zahllosen, in Gegenrichtung gedrehten Einzelfasern bestehen. Die ursprüngliche Länge ist noch unbekannt; zur Zeit sind bereits mehr als zehn Meter freigelegt.

Im Sprachjargon der Schifffahrt würde man ein derartiges Tau als Trossenschlagseil bezeichnen - die Tragkraft wurde noch nicht exakt berechnet.
Die Ausstellung - Hallstatt auf Reisen

Als Gemeinschaftsproduktion zwischen dem Museum Bibracte und der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien wird bis Mitte November 2004 in Burgund diese Sonderausstellung mit einzigartigen Funden aus dem urzeitlichen Bergbau und dem Gräberfeld aus Hallstatt präsentiert.

In originellen, als Holzkisten angefertigten Schauvitrinen wird dem Besucher ein repräsentatives Bild einer der wichtigsten archäologischen Fundstätten Österreichs dargeboten.
->   Musee de la civilisation celtique - BIBRACTE
Der Blick in eine der Reisekisten

Ein reich ausgestattetes Männergrab der älteren Hallstattkultur (Grab 3,/1994), 7. Jhdt. v. Chr., mit schönen schwarz-rot bemalten Gefäßen. Ein bronzenes Sägeblatt, eine Bronzefeile sowie ein Schleifstein zeigen, dass der Verstorbene das Metallhandwerk ausübte.

Ein Stand, der in der Hallstattkultur eine hohe gesellschaftliche Stellung inne hatte. Wofür das eiserne Lappenbeil in erster Linie gedient hatte, als Werkzeug, Waffe oder Schlachtgerät, ist unklar.
Werkzeuge und typische Gewandnadel
 


Detail mit den Werkzeugen und der typischen Gewandnadel.
Hallstatt in Bibracte - Eröffnung am 30. April 04

Die internationale Ausstellung wurde in Gegenwart des Direktors des österreichischen Kulturinstitutes in Paris Stephan Vavrik, mit Gattin vor einer Woche im Museum Bibracte feierlich eröffnet. Prof. Goudineau und Vincet Guichard sowie Anton Kern, die beiden Museumsdirektoren, erwarten die Eröffnungsgäste. Die wissenschaftliche Leitung der Ausstellung lag bei Mag. Iris Ott; sie konnte leider nicht an der Eröffnung teilnehmen, da sie zur Zeit eine Ausgrabung in Sizilien durchführt.

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert; sie wird vom November 2004 bis März 2005 im Musée Cantonal d'Archéologie in Lausanne (CH) und anschließend im Neanderthal Museum in Düsseldorf (D) gezeigt. Aus diesem Grund sind die Texte und Beschriftungen sowie der Ausstellungskatalog sowohl in französischer als auch in deutscher Sprache abgefasst.

Neben Alt- und Neufunden aus dem Bergwerk und dem Gräberfeld werden ebenso Themen aus dem urzeitlichen Alltag und Leben nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen behandelt, wie auch Forschungsgeschichte und Methodik. Mehrere Kurzfilme betreffend moderne Grabungsmethoden der Bergbauarchäologie und eine 3D-Diaschau über Hallstatt informieren die Besucher über zeitgemäße Forschungsarbeiten.
->   forum culturel autrichien
Helm auf, Licht an

Als besonderen Gag seitens der Ausstellungsgestalter können Einzelbesucher und Kleingruppen ausgerüstet mit Schutzhelm und Helmleuchte die Ausstellung im lichtlosen Ausstellungsraum sozusagen selbst erforschen:

Wie in einem dunklen prähistorischen Stollen können sie die Themen selbst erkunden.
Was uns sonst immer fehlt in der Urgeschichte -
die Holzkultur

 


Auswahl an organischen Resten und Holzgefäßen, gefunden in den prähistorischen Bergwerken von Hallstatt.
Museum Bibracte
 


Bilder und Text von A. Kern und O. Urban.
->   Prähistorische Abteilung (Naturhistorisches Museum Wien)
->   Salzwelten Hallstatt - Besuch des prähistorischen Salzbergwerkes
 
 
 
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