Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Der römische Limes - ein Weltkulturerbe ?
Chancen und Aufgaben der österreichischen Archäologie und Denkmalpflege
 
  Der römisches Limes in Österreich soll Teil des UNESCO Welterbes "Römische Grenzlinien in Europa" werden. Ein langer Weg beginnt ...  
Römische Grenzbefestigungen -
ein UNESCO Weltkulturerbe?

Teile der norischen Grenzbefestigung zwischen Mautern und Zeiselmauer sind noch hervorragend erhalten. Den Schwerpunkt des pannonischen Limes, soweit er das heutige österreichische Gebiet umfasst, bildet die eindrucksvolle Ruinenlandschaft von Carnuntum.

Im Rahmen eines Workshops letzte Woche in Mautern berichtete u.a. die Leiterin der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes, Frau Hofrat Dr. Chr. Farka, über den Zustand der archäologischen Baudenkmale am römischen Limes.

Vertreter des zuständigen BM:BWK und Bundesdenkmalamtes sowie verschiedener Forschungseinrichtungen (Österr. Archäologische Institut, Institut für österr. Geschichtsforschung, Universität Wien, Österr. Akad. d. Wiss.), der betroffenen Länder Oberösterreich, Niederösterreich und Wien sowie der damit befassten Gebietskörperschaften und Verbände berieten die Einreichungsgrundlagen und -kriterien.
->   Österr. UNESCO-Kommission
Das Konzept der Welterbe-Konvention (www.unecso.at)
Den Anfang machte der Hadrianswall

Hadrianswall
Die Bestrebungen gingen von Großbritannien aus, wo bereits 1987 der 120 km lange Hadrianswall unter die UNESCO-Konvention zum Schutz des Kulturerbes der Welt gestellt worden ist. Im letzten Jahr beantragte nun Deutschland um Aufnahme des etwa 550 km langen obergermanisch-raetischen Limes.

Sowohl die bayerischen wie slowakischen und ungarischen Vertreter der Denkmalbehörden zeigten am Workshop großes Interesse, dass auch die norisch-pannonischen Grenzbefestigungen an der Donau im Rahmen der so genannten Römischen Grenzlinien in Europa als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt werden.
->   Angewandte Archäologie -
eine Wanderroute entlang des UNESCO-Weltkulturerbes Hadrianswall (www.contours.co.uk)
Der obergermanisch-rätische Limes

Pohlheim
1996 gab Hessen die Anregung den obergermanisch-rätischen Limes als UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen.

Nach dem Denkmalschutz in Deutschland Landeskompetenz ist wurde 2000 ein Staatsvertrag zwischen den betroffenen Bundesstaaten und Deutschland geschlossen.

2003 hat nun Deutschland den Antrag zur Aufnahme des Obergermanisch-rätischen Limes als UNESCO-Weltkulturerbe gestellt.

Bild: Der rekonstruierte Limesturm in Pohlheim (http://www.lkgi.de/)
->   Der obergermanisch-rätische Limes von Egon Schallmayer
(www.archaeologie-online.de/magazin)
Workshop: Der römische Limes in Österreich

Zeiselmauer
Die österreichischen Vorbereitungen zur Einreichung des Limes, die bereits 2002 von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter der Federführung des BM:BWK gestartet wurden, treten nun in die konkrete Planungsphase. Der Mautener Workshop kann sozusagen als Startveranstaltung zur Einreichungsphase verstanden werden.

Die Teilnehmer des Workshops ersuchen daher die zuständigen Stellen und Einrichtungen die legistischen und finanziellen Voraussetzungen einzurichten, um auch den österreichischen Abschnitt des Limes im Rahmen eines gemeinsamen Ansuchens mit den Nachbarstaaten in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufzunehmen.

Bild: Turmartiges Kleinkastell aus dem 4. bzw. 5. Jhdt. n. Chr., welches sich in der NW-Ecke des Lagers von Zeiselmauer erhalten hat.
->   UNESCO-Welterbestätten in Österreich (www.unesco.at)
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Der östliche Abschnitt des norischen Limes
Der römische Limes wird in Österreich durch die Donau gebildet (eigentlich handelt es sich nicht um einen limes, eine Festlandsgrenze, sondern um eine ripa, eine Flussgrenze. Entlang dieser Grenze wurden die Legionen in befestigten Lagern stationiert, die durch die so genannte Limesstraße miteinander verbunden waren.

Das verbindende bzw. lineare Element des norisch-pannonischen Limes ist die via iuxta amnem Danuvium, welche der raschen Truppenverlagerung diente und daher auch regelmäßig in Stand gehalten wurde.

Zwischen den Lagern standen an strategisch günstigen Plätzen Wachtürme (burgi) und Kleinfestungen. Sie dienten der Überwachung und Grenzsicherung. Neben den Kastellen und Lagern entstanden bald Zivilsiedlungen (vici); im Hinterland des Limes wurden einzelne Städte (municipia) gegründet, beispielsweise Cetium (St. Pölten) oder Ovilava (Wels) - sie zählen nicht mehr zum eigentlichen Limes.

Besonders gut sind einzelner Befestigungswerke im östlichen Abschnitt des norischen Limes, im heutigen Niederösterreich, erhalten: Als erstes ist die noch bis zu 9 m hoch erhaltene Ruine eines Wachturms in Bacharnsdorf (siehe Bild unten) zu nennen, dann folgen, die Donau abwärts, die Kastellbauten von Mautern (Favianis) und Traismauer (Augustiana), der spätantike Hufeisenturm von Tulln (Comagena) sowie die Ruinen des Kastells in Zeiselmauer.
->   Aktuelle Literatur zum Limes: Herwig Friesinger u. Fritz Krinzinger (Hg.), Der römische Limes in Österreich, Führer zu archäologischen Denkmälern, Wien 2002². Verlag der ÖAW
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Das Wiener Tor von Traismauer, zum Großteil ein aus der Spätantike erhaltenes Kastelltor von Augustiana.
Carnuntum
->   Archäologischer Park Carnuntum
->   Heidentor von Carnuntum in Petronell (orf.at)
Meine persönliche Meinung als Teilnehmer

Bacharnsdorf,
Foto: Chr. Ertl
Den österreichischen Abschnitt der römischen Grenzbefestigung im Rahmen eines UNESCO Weltkulturerbes, das von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer reichen soll, einzubinden, gibt der archäologischen Forschung und Bodendenkmalpflege in Österreich mit Sicherheit einen wichtigen Impuls und öffentliche Beachtung. Die Forschung braucht heute solche Zugpferde.

Moderne Methoden der Denkmalpflege und Restaurierung sowie der möglichst zerstörungsfreien archäologischen Erfassung antiker Baustrukturen durch den Einsatz der Luftbildarchäologie und anderer naturwissenschaftlicher Prospektionsmethoden können im Rahmen dieses Projektes entwickelt und eingesetzt werden.

Letztendlich sollen die Ergebnisse auch einem breiten Kreise der Öffentlichkeit vermittelt werden. Das Bestreben, einerseits im internationalen Konsens zu forschen und andererseits auch eigenständige Fragestellungen - die für die eigene Identität spezifischen Profile - zu finden, erscheint sehr attraktiv.
->   Luftbildarchäologie in Österreich (Univ. Wien)
->   Geophysikalische Prospektion (Univ. Wien)
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The European frontiers of the Roman empire
The Roman empire was one of the greatest empires the world has seen. Even today, it fires the imagination. It has led to great literature and amazing films. People from all over the world travel to admire the ruins of this once great civilisation. Many of these monuments are World Heritage Sites, most of these lie in the heart of the empire, in Italy, France and Spain.

Yet that heartland was protected by frontiers, often of considerable complexity, stretching for over 5000 km from the Atlantic Ocean along the rivers Rhine and Danube, looping round the Carpathian mountains to the Black Sea. The Eastern frontier from the Black Sea to the Red Sea faced Rome s greatest enemy, Parthia. To the south, Rome s protective cordon embraced Egypt and then ran along the northern edge of the Sahara Desert to the Atlantic shore in Morocco.
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The first muli-country World Heritage Site
In total, 12 European, 5 Asian and 5 African countries contain parts of the frontiers of the Roman empire. This project has entailed UNESCO changing the format of its list of World Heritage Sites so as to enable the creation of a multi-country World Heritage Site. The challenge is enormous. We are now seeking to find ways for archaeologists and cultural resource managers from as many as ten or twelve countries to work together in this great international venture to create a single World Heritage Site for all the European frontiers of the Roman empire.

Textvorlage: D. Breeze, S. Jilek u. A. Thiel, The European frontiers of the Roman empire. A new world heritage site. Tagungsmappe Mautern, stark gekürzt)
->   Hadrianswall mit kurzer Mitteilung zu diesem Projekt
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Alles Leben ist Problemlösen (K. Popper)
Die organisatorischen und administrativen Aufgaben und Schwierigkeiten, die sich bei diesen Länder übergreifenden Projekt stellen, zeigen gleichzeitig die großen Leistungen der römischen Verwaltung und des römischen Militärs bzw. deren Führung, die zumindest für mehrere Jahrhunderte die Grenzbefestigung planten, ausbauten und erhielten.

Der mit der Einreichung zum Weltkulturerbe zu erstellende fünfjährige Management Plan muss einerseits die regionalen Gegebenheiten (Vereine, Gemeinden, Museen) sowie die Landes- (Raumordnung, Flächenwidmung, Tourismusverbände) und Bundesstrukturen (Denkmalschutz, Verträge mit UNESCO) berücksichtigen und anderseits mit den Strukturen zumindest der Nachbarländer, letztendlich aller zwölf mitbeteiligten europäischen Staaten, abstimmen.
Strukturen schaffen, forschen, informieren
Das Vorhaben verfolgt fürwahr ein ambitioniertes Ziel, dessen Realisierung wohl zuallererst klare Strukturen, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (inklusive Finanzierungs- und Zeitplan) benötigt. Diese zu schaffen ist, zumindest aus meiner Sicht, in erster Linie Aufgabe der primär für den Denkmalschutz zuständigen Institutionen: das BM:BWK und das Bundesdenkmalamt.

In einem zweiten Schritt ist dann die Einbindung der für die archäologischen bzw. historischen Forschungen verantwortlichen Institutionen erforderlich. Parallel dazu müssen möglichst frühzeitig die betroffenen Gemeinden, die Grundbesitzer sowie die Öffentlichkeit in der Limesregion über die geplanten Vorhaben und deren positiven wie vielleicht auch negativen Folgen, gut koordiniert informiert und mit eingebunden werden. Eine Broschüre, die meines Wissens vom BM:BWK geplant ist, kann hier helfen ¿ ist aber sicher nicht ausreichend. Es müssen kompetente Gespräche vor Ort mit den betroffenen Bürgern und Gemeindevertretern angeboten werden.
Sichern der Finanzierung

Tulln
All diese Arbeiten und Vorhaben kosten nicht wenig und benötigen zusätzlichen starken personellen Einsatz; doch ¿ salopp gesagt ¿ der Zug ist bereits angefahren, Österreich (ich nehme an die verantwortliche Abteilung im BM:BWK) hat bereits den Limes offiziell auf seine vorläufige Liste jener Objekte gesetzt, die es zum Welterbe einzureichen beabsichtigt und sowohl Bayern als auch Ungarn und die Slowakei sind an diesem Länder übergreifenden Projekt stark interessiert.

Da sollte Österreich mit seinen hervorragend erhalten archäologischen Denkmalen nicht ausscheren, sondern das Projekt als Zugpferd und Chance für die Archäologie und deren Nutzung für Kultur und Tourismus verstehen.

Bild: Spätantiker Hufeisenturm aus Comagena (Tulln)
->   Bundesdenkmalamt
->   BM:BWK
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Mautern
Römermuseum Favianis - St. Severin, Mautern
1997 wurde das Museum hinter den römischen Ruinen (Hufeisenturm und Westmauer des Kastells Favianis) im Schüttkasten, einem ehemaligen Getreidespeicher aus dem 17. Jh., eingerichtet.

Das Museum zeigt prähistorische und römische Funde aus Mautern und widmet sich besonders dem Hl. Severin, der hier ein Kloster errichtet und den geordneten Abzug der Romanen aus den Donaulanden vorbereitet hat.

Am Logo wurde eine Graphik des Folders der Stadt Mautern verwendet, die einen freundlichen Römer zeigt.
->   Römermuseum Mautern mit Öffnungszeiten und ausführlicher Bildergalerie
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Modell der Kirche des Severin-Klosters in Mautern.
Nachtrag
->   Limes (www.lateinforum.de)
->   Das Limesprojekt (www.limesprojekt.de)
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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