Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Keltische Funde aus Mähren in Niederösterreich
Die letzte Chance
 
  Nur noch kurz ist die Sonderausstellung "Kelten in Mähren" im Museum für Urgeschichte in Asparn/Zaya zu sehen. Von Krieg und Frieden könnte der Untertitel lauten, denn neben Waffen und Präziosen wird die Alltagskultur der Kelten gezeigt.  
Das Gesicht der Kelten

Es gibt zahlreiche Darstellungen der Kelten aus der jüngeren Eisenzeit (Latènezeit) und der antiken Welt. Die Standbilder, Verzierungen und Dekorationselemente vermitteln zumindest ansatzweise ein Bild über das Aussehen der Kelten.

Spiegeln diese Köpfe auf dem Bronzeblech Vorstellungen des Schädelkultes wider? Wir wissen es nicht.

Der Tonschieferkopf aus Msecke-Zehrovice bei Prag stellt wohl einen Heros, vielleicht sogar einen Gott, dar.

Die "Glupschaugen" sind ebenso kennzeichnend für die keltische Plastik, wie der Torques und die an Dali erinnernde Bart- und Haartracht.
Keltische Krieger
 


Historische Nachrichten und archäologische Funde liefern ein eindrucksvolles Bild des keltischen Kriegers. Sie galten als "kriegswütig und hitzig und rasch beim Kampf" (Strabo).

Zur klassischen Rüstung eines keltischen Kriegers gehört Schild, Lanze und Eisenschwert. Frühe Schwerter sind mit meist 55-65 cm Länge etwas kürzer und haben eine spitze Klinge. Diese Schwerter waren Hieb- wie Stichwaffe. Später erreichten die Schwerter eine Länge von bis zu 80 cm und wurden als Hiebwaffe verwendet. Das Klingenende wurde daher auch abgerundet.

Große und zum Teil verzierte Lanzen dienten als Standarten. Die Holzschild wiesen Lederüberzuge und Metallverstärkungen am Rand auf. Schildbuckel schützten die Faust.

Vereinzelt sind auch Pfeil und Bogen sowie Schleudersteine belegt. Helme und Panzer kommen dagegen in unseren Breiten selten vor.
Frauen und Männer

Zahlreiche Abbildungen und historische Nachrichten bieten uns Hinweise auf die Bekleidung und Tracht der keltischen Frauen und Männer. Nach Diodor tragen die Kelten färbige Röcke und Hosen. Darüber werfen sie bunte Mäntel, die mit einer Spange Zusammengehalten werden. Vielfach sind die Stoffe bunt gewürfelt.

Archäologisch sind zumeist nur winzige Textilreste im Rost der Eisengerätschaften erhalten. Sie müssen von den Restauratoren mühsam und sorgfältig herausgelöst werden.
Phantastischer Schmuck

Die Kelten, Frauen wie Männer, legten ganz offenbar großen Wert auf Schmuck und Prestigeobjekte. Ringe in allen Formen, Farben und Variante, aus Bronze, Eisen, Gold, aber auch Glas und anderen Materialien, waren sehr beliebt.

Der jeweilige Schmuckstil ist nicht nur am Ringschmuck, sondern auch auf den Gewandspangen (Fibeln) gut erkennbar.
Reifen, Gürtel, Spangen

Bei genauer Betrachtung der einzelnen Schmuckstücke bzw. der Gürtelkette können einzelne Ziermotive erkannt werden. Oftmals dienten die aus den Mittelmeer-Kulturen bekannten floralen Muster (Palmette, Lotusblüte etc.) als Vorlage.

Der in den Gräbern mitgegebene Schmuck gibt gute Hinweise auf das Alter des Grabes sowie auf den sozialen Rang und das Geschlecht des bzw. der Bestatteten.
Fibeln - ein Spiegel der Zeit
 


Die Fibeln dienten als Gewandspangen und wurden zum Zusammenhalten des übergeworfenen Mantels verwendet.
Mit Hilfe der Fibelformen lassen sich Fundkomplexe meist gut datieren. So sind Fibeln mit Fußzier, Masken- und Vogelkopffibeln mit zurückgebogenen Fuß charakteristisch für die frühe Latènezeit, Fibeln mit einem an den Bügel angeklammerten Fuß sind dagegen jünger und datieren zumeist in die Mittellatènezeit (etwa 3. Jhdt. v. Chr.) - siehe Bild.
Die ältesten Münzprägungen in unserem Raum

Die keltischen Münzen wurden in Bronze, Silber und Gold geprägt. Hinzu kamen die so genannten Potinmünzen, Stücke, die aus einer stark zinnhältigen Bronzelegierung gegossen wurden. Als Vorbilder dienten anfänglich griechische Münzen, später auch römische.

Keltische Goldmünzen erhielten im Volksmund den Namen "Regenbogenschüsselchen".
Keltische Münzprägung

Die Münzen der Kelten wurden von Hand geprägt. Die Schrötlinge wurden mittels so genannter Tüpfelplatten, gebrannte Tonplatten mit kleinen Einbuchtungen, gegossen.

Ein so entstandener Schrötling wurde dann zwischen Ober- und Unterstempel gelegt. Durch einen kräftigen Hammerschlag erfolgte die Prägung. Dieses Prägeverfahren hatten die Kelten von den Griechen übernommen.
Die Röhrenkanne von Brünn-Malomerice
 


Die Röhrenkanne wurde im 4. Jh. v. Chr. von einem keltischen Künstler geschaffen. Entdeckt wurden die Metallbeschläge der Kanne, die aus organischem Material gefertigt war, im keltischen Gräberfeld von Brünn-Malomerice. Das Prunkstück keltischen Kunsthandwerks aus Mähren war bereits Glanzstück der großen Keltenausstellung in Venedig 1991.
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Die Kelten in Mähren
Wissenschaftliche Leitung: Milan Salas und Jana Cizmarova.
Die Ausstellung ist noch bis November täglich von 9.00 bis 17.00 Uhr im Museum für Urgeschichte in Asparn an der Zaya (NÖ) zu besichtigen.

Empfehlenswert ist auch ein Besuch des Freilichtmuseums sowie der neugestalteten Dauerausstellung.
->   Mehr zur Neuaufstellung des Museum für Urgeschichte
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Jana Cizmarova

Dr. Jana Cizmarova ist Mitarbeiterin am Archäologischen Institut des Moravian Museum Brünn. Sie ist derzeit Leiterin eines Projektes zu Erforschung der Bernsteinstraße.
->   Mährisches Landesmuseum
Oppidazeit in Mähren

Während des 2. und der ersten Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr. gab es in Mähren mehrere befestigte Großsiedlungen. Sie werden, dem Kommentar von Cäsar folgend, als Oppidum bezeichnet. Das größte und am besten erforschte Oppidum ist jenes von Staré Hradisko (Bild mit Modell der mehrphasigen Befestigungsanlage). Ein gesamtes, rund 50 x 50 m großes Gehöft inmitten eines Straßengevierts konnte bereits erforscht werden. In diesen Komplexen fanden sich neben größeren Pfostengebäuden auch verschiedene Werkstätten, wo u. a. Bronzen gegossen bzw. Bernsteinperlen hergestellt worden sind.
Amulette aus dem Depot von Pteni

1868 fanden Holzarbeiter bei Pteni diesen Schatzfund, der aus zahlreichen Bronze- und Bernsteinringen sowie Glasperlen bestand. Ein Anhänger in Form eines Fußes und einer in Form eines Schuhes sowie die Bronzeringe mit Menschendarstellung sind seltene Einzelstücke; vermutlich Amulette. Die Bronzeringe weisen noch Gusszapfen auf, waren also noch gussfrisch, als sie in der Erde niedergelgt worden sind.
Importe aus dem Norden

In den Oppida wurden viele Waren umgeschlagen und gehandelt. So wurde in Starè Hradisko Rohbernstein entdeckt, der aus dem Gebiet der Ostseeküste stammt und in den Werkstätten vor Ort zu Perlen und Anhängern zugerichtet wurde.

Nicht nur Staré Hradisko, sondern wahrscheinlich auch das Oppidum von Kotouc bei Stramberk befand sich im Einzugsbereich der so genannten Bernsteinstraße.
Importe aus dem Süden

Aus dem Süden kamen neben italischen Bronzegeschirr auch Glasgefäße in den Norden, insbesondere ist das Millefiori-Glas, welches aus den Werkstätten um Aquileia stammen dürfte, bemerkenswert.
->   Mehr zur Ausstellung die Kelten in Mähren
 
 
 
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